Emil Metzger an Hugo Schuchardt (08-07129)

von Emil Metzger

an Hugo Schuchardt

Stuttgart

01. 05. 1882

language Deutsch

Schlagwörter: language Malaiischlanguage Niederländisch Leiden

Zitiervorschlag: Emil Metzger an Hugo Schuchardt (08-07129). Stuttgart, 01. 05. 1882. Hrsg. von Frank-Rutger Hausmann (2020). In: Bernhard Hurch (Hrsg.): Hugo Schuchardt Archiv. Online unter https://gams.uni-graz.at/o:hsa.letter.8797, abgerufen am 22. 09. 2023. Handle: hdl.handle.net/11471/518.10.1.8797.


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Stuttgart, Kriegsbergstrasse 29II.
Mai 1r. 1882.

Sehr geehrter Herr!

Die „Mühe“ die Sie mir verursacht haben, war nicht der „Mühe“ werth; es thut mir nur leid daß ich Ihnen nicht besser habe dienen können.

Ich schicke Ihnen hier vorläufig zwei kurze Proben; ob Catharina F. van Rees1 je am Kaap gewesen vermag ich nicht zu sagen, Tromp ist, soviel ich weiß, afrikanischer Holländer.2 Leider kann ich Ihnen keinen speciellen Weg angeben um die betr. No. des Singapore Journ . zu bekommen doch sollte ich meinen, daß dies auf dem Buchhändler Wege keine besondern Schwierigkeiten haben könnte, da ich durch meinen Buchhändler in Holland sehr häufig einzelne No. von Zeitungen und Revüen beziehe, die mich gerade interessiren und die ich hier nicht auf anderm Wege bekommen kann. – Kennen Sie de Vere Americanisms?3 ich glaube daß Sie dort interessante Angaben finden können.

Ist Ihnen zufällig ein besonderer Name für Neger Englisch4 bekannt? Ich erinnere mich einen solchen gelesen zu haben, kann ihn aber |2| nicht zurückfinden; so martere ich schon einige Wochen mein Gehirn und meine engl. Correspondenten, bis jetzt ohne Erfolg.

Mysterieus sollte die Mittheilung über Sprachen des Ind. Archipel durch aus nicht sein; im April Heft Indische Gids5 hatte R von Eck früher Missionar auf Bali und Sprachforscher, einen Aufsatz über „Rassen“ des ind. Archipels veröffentlicht und einen solchen über die „Sprachen“ angekündigt. Ich hatte mir vorgen. Ihnen einen Auszug direct oder durch eine Zeitung zu übermitteln, leider ist derselbe nicht erschienen (wird aber wohl kommen) Dagegen hat der bekannte Orientalist Kern (Leiden)6 eine höchst wichtige Entdeckung in Bez. auf die polynesischen Sprachen gemacht; er leitet sie alle von einem Stamm ab und zwar sollen sie direct oder indirect aus Kambodja stammen. Der Aufsatz den er veröffentl hat wird mir diese Woche zugehen und ich werde einen deutschen Auszug bearbeiten und im „Ausland“ zu veröffentlichen suchen.7 Leider dauert es gewöhnlich sehr lange.

Für die freundlich angebotenen Schriften |3| von Homan8 meinen besten Dank; wie Sie wissen beschäftige ich mich mit Sprachen durchaus nur „unwissenschaftlich“ d. h zum praktischen Gebrauch und in Bezug auf malaisch komme ich schon zum Hausgebrauch aus. H wird übrigens nicht besonders wissenschaftlich sein.

Amerikanisches Englisch ist schwer zu definiren; manche Amerikaner (White)9 wollen es ganz – meiner unmaßgeblichen Meinung nach mit Unrecht – negiren. M. Twain ist sehr characteristisch – schreibt aber auch wo er will durchaus Correctes Englisches Englisch. In seinen Romanen thut er es nicht oft denn da reitet er sein hobby, aber von Zeit zu Zeit ein anderes. Ich werde leider unterbrochen und schließe für heute.

Mit vorzüglicher Hochachtung
Ihr aufrichtig ergebener E Metzger

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Indische Gids p. 290. jaarg 1882

Annie Favre. Schetsen uit het Ind familieleven

Och, Marie,1kassian trou met je broêr.

Kassian men met jij? Jij moet zelf weten. Wie schulden maak, die betaal. Jij bent met hek genoeg om gulp te verwachten van mij?!

Je begrijp misschien niet Marie! Ze zetten me in den 2boei. Ze hebben ampioen3 gevonden bij mij in huis ik moet afknopen. ...

Ampioen gevonden? Heel goed! ’k Heb lang verwacht. ’k Ben blij!

Ik moet honderd gulden hebben, minstens!

Al moest je een kobang hebben, jij krijg niet vankij. Nu ga weg

Waarom moet jij spelen, dronkenlap? Ben je een grooten4 mijnheer misschien?

┴ Auslassung

1) kassian Mitleid (mal) / 2 boei Gefängnis (holl, richtig)

3) ampioen st. amfioen Opium.

4) dieser Akkusativ ist ein gewöhnlicher holländischer Fehler den die Verfasserin (Frau Ijzermann) vielleicht unabsichtlich begangen hat.

Kommt auch im Engl vielfach vor und scheint sich auszubreiten. Ich fand in einem (in Deutschl gedruckten) Theaterstück:

It depend upon whom he is

und hatte große Mühe meinem (englischen) Schüler zu beweisen daß dies grammatisch falsch ist.

In Holland ist es häufig die Folge einer dogmatischen Regel: „wenn das Substant hinter dem Verbum |5| steht wird es flectirt,“. Daher häufig

„Op heden overleed mijn en geliefden echtgenoot.“

Probe aus van Rees, Herineringen uit de loopbaan van een Indisch Officier I, 4e Aufl 242.10 Scene:

Officiere machen einen Besuch in einem Hause wo die Hausfrau von gemischtem Blute und der Rest pro rato ist.

Kapitain: Tabé (gegrüßt) dames (es ausgesprochen) ada baai (geht es gut)

Dame Dank U, zal kapitein ons weer tjerita’s (Erzählungen) zeggen?

Kapt. Hier dit jong mensch met rambot krul (krause Haar) zal U vertellen

(Manau bolen (wie ist es möglich) sagt eine leise)

Ja en hij kent een nieuwe polka

Betoel? (ist es wahr) vraagt eene dame, ja – kennen goed dansen heer! Louise en Jenny, goed luren; zullen alle meisjes jaleurs.

/ Man kennt die Musik zu der neuen Polka nicht

Betoel sajang (wirklich Schade) Dragman niet Kennen spelen

Wie is Dragman?

Dragman spelen Klavere – net (clarinette)

|6|Probe aus „Wijnanda“, „Eigen haard“ (holl. Gartenlaube) 337. Jaarg. 1879.

„U moet niet kwalijk nemen, ja [diese Einschiebung des ja ist characteristisch11] maar ik belet om naar de park terug te gaan“ och kom!

„Ja, de logementhouder, weet U, hij een mooie paard te koop. Ik wil gaan; hij geeft niet, moet eerst proberen de mooie paard.“

Geen excuses, mijnheer ....

„Rijers ambtenaar van de cultures op wacht geld“

Ga zitten mijnheer Rijers, steck een sigaar ap“

Dank U, ik nooit havanna – sigaren; havanna sigaren, havanna sigaren reuk stink (seer gewöhnlich)

Mij dunkt dat gij nog al vroeg op wachtgeld zijt gekomen [mit Bleistift eingefügt: berbān / „necken“ būsuk / stritten]

Ja vroeg! Tante segt, voor wat gij opzichtern (die Stelle von opzichter = Aufseher bekleiden).

Gouvernement betaalt slecht, gouvernement kale jakhals. Kom maar hier ik geef jou vijftig Gulden meer U is zeker nooit in Holland geweest Mynh. R?

Nee! Maar ik toen Hollander.

Is U dan in Holland geboren?

Nee, te Pasuruan geboren.

Dan zijt ge ook geen Hollander, maar een Javaan.

Nee, ik zeg Jesus Christus [man wurde im Gespr. jedenfalls ein (und) einfügen] in een stal geboren, hij toon geen paard. usw.

In einer Kritik hierüber sagt M. T. H Perelaer12 Ind. Gids 1882, Seite 210.13

|7|Was mir in der Novelle als ein Fleck vorkommt, ist das Ridiculisiren der sogenannten „inländischen Kinder“ und Kreolen u ich weiß es wohl, es ist ein so verführerisches Gefühl die Lippen des Lesers sich zu einem Lächeln falten zu sehen wenn sie das gebrochene Holländisch von Frau X oder Sinjo Rijers (der auf der vorigen Seite auftrat) entziffern. Ich habe mich auch wohl einmal eines „Haschen nach solchen Witzen“ schuldig gemacht. Doch habe ich damals erfahren welche trübe Gedanken ja welche Erbitterung ich damit erregt habe, man hat mich zu dem Einsehen gebracht daß ich eine Ungerechtigkeit beging, wenn ich eine mangelhafte Sprachwendung oder Aussprache in’s Lächerliche zog, während doch wir Niederländer allein die Schuld an dieser Lächerlichkeit tragen, da wir Indien allzu lange einen gründlichen Unterricht enthalten haben. Seit der Zeit fühle ich, wie schmerzlich es für die betroffenen Personen sein muß sich durch die welche selbst in Bezug auf den Unterricht das beherrschte Land mit Kargheit behandelt haben, verspotten zu hören. Ich bekenne außerdem daß ich lieber diese Sprache höre als das Haagsche Jargon das von gemeektheit [st. (aa)]14 u gedisthaingeerdheid überfließt.


1 Catharina Felicia van Rees (1831-1915), niederl. Dichterin, Komponistin und Feministin; am bekanntesten wurde sie mit der so genannten Transvaal-Hymne, die sie ab 1875 auf Wunsch von Thomas François Burgers, Präsident der Südafrikanischen Republik, schrieb. Sie hatte ihn, während er in Utrecht Theologie studierte, kennengelernt. Von einer Afrika-Reise ist nichts bekannt.

2 Um welchen „Tromp“ es sich handelt, konnte nicht geklärt werden. Der südafrik. Ort Trompsburg wurde erst 1891 von Jan und Bastiaan Tromp gegründet.

3 Maximilian Schele de Vere, Americanisms: The English of the New World, New York: Charles Scribner & Co. 1872. – Der Verf. war Professor of Modern Languages at the University of Virginia.

4 In den USA gelegentlich „black English“, heute meist „African-American English“.

5 De Indische Gids, Amsterdam: J.H. de Bussy, 1879f . (indonesische Zeitschrift); darin hat R van Eck verschiedentlich publiziert; hier könnte gemeint sein „Schetsen uit het Volksleven in Niederl. Oostindie“, Bd. 4, 1882, 956f.

6 Johan Hendrik Kern (1822-1917), niederl. Sanskritist; vgl. HSA 05507-05519.

7 Kein Nachweis gefunden.

8 J. D. Homan, Bijdrage tot de kennis van ‘t Bataviaasch Maleisch. Uitgegeven door H. N. van der Tuuk, Zaltbommel 1867 ; Ders., Handleiding tot de kennis van ‘t Bataviaasch Maleisch. Uitgegeven door H. N. van der Tuuk, ebd. 1868.

9 Richard Grant White (1821-1885), Words and Their Uses, Past and Present. A Study of Enslish Language, Boston, Houghton and Cambridge: Riverside, 31880.

10 W. A. van Rees, Herinneringen uit de loopbaan van een Indisch Officier, s’Gravenhage en Leiden: M. J. Visser, Van den Heuvel & Van Santen, 1874.

11 In roter Tinte hinzugefügt, wie auch einige Korrekturen und Hinweiszeichen in roter Tinte nachträglich erfolgten.

12 Michaël Théophile Hubert Perelaer, niederl. Ethnograph.

13 Metzger hat den Text ins Deutsche übersetzt.

14 „Geziertheit“.

Faksimiles: Universitätsbibliothek Graz Abteilung für Sondersammlungen, Creative commons CC BY-NC https://creativecommons.org/licenses/by-nc/4.0/ (Sig. 07129)