Jakob Jud an Hugo Schuchardt (94-05213)

von Jakob Jud

an Hugo Schuchardt

Zürich

03. 04. 1921

language Deutsch

Zitiervorschlag: Jakob Jud an Hugo Schuchardt (94-05213). Zürich, 03. 04. 1921. Hrsg. von Frank-Rutger Hausmann (2019). In: Bernhard Hurch (Hrsg.): Hugo Schuchardt Archiv. Online unter https://gams.uni-graz.at/o:hsa.letter.8574, abgerufen am 28. 03. 2024. Handle: hdl.handle.net/11471/518.10.1.8574.


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Zürich 7, den 3.IV.21
Sprensenbühlstrasse 14

Verehrter Meister!

Ihren lieben Brief wollte ich noch vor meiner Abreise nach Italien beantworten (im wesentlichen bin ich mit dessen Inhalt einverstanden, über einige andere Punkte würden wir wohl mündlich ebenfalls uns nähern können), aber |2| die Zurüstungen nehmen mich vollauf in Anspruch. Ich weiss nicht, wie ich zum Schreiben die notwendige Ruhe finden könnte. Ich gedenke, Herrn D r Scheuermeier aufzusuchen, und mit ihm nördlich von Verona eine Aufnahme zu machen. Erreichbar bin ich immer: ferma in posta Salò, wo wir für einige Wochen (bis zum 20 IV) uns aufhalten. – Beiliegend die |3| Seite: tos, die ich nicht an Hilka sandte, weil an dem Tage, da ich sie wegsenden wollte, Herr Prof Bachmann1 mir das Resultat seiner Untersuchung mitteilte, dessen Ergebnis[se] mir interessant genug zu sein schienen, so dass sie in ihrer [gem. Ihrer] Miscelle zum bask. tos Aufnahme finden sollte.2 – Das Bedenken |4| gegen hamulacea ist wohl dasselbe wie gegen laqueus; zu bosta sollen un die anderen weiterbauen. Warmen Dank für Sprachursprung: zum Widerspruch angeregt hat mich die Bemerkung über den Wert der Einzeluntersuchung zur allgemeinen Sprachphilosophie: sind Gilliérons Arbeiten nicht der ersteren Kategorie beizuzählen? Und sind sie nicht fruchtbarer geworden als manche Abhandlung sprachphilos. Natur von Steinthal3 oder |5| Wundt?4 – Endlich noch eine Anregung: wäre es Ihnen, verehrter Meister, nicht möglich, die drei Aufsätze über Sprachursprung als Zeichen Ihres Dankes den Subskribenten zuzustellen, die an der Bestreitung des Zuschusses für Niemeyer sich beteiligen? (Eventuell mit Ihrem Namenszug). Die Zahl der Subskribenten dürfte etwa zwischen 30-35 schwanken. Wie gesagt, eine |6| blosse Anregung, die zu verfolgen ich Ihnen ganz überlasse. Niemand unter uns erwartet das.

Aber nun basta. Warmen Gruss und wenige Kopfschmerzen wünscht Ihnen herzlich

J Jud

N.B.

Sie erhalten in etwa 10 Tagen Meillets Linguistique générale5 zugesandt: falls sie sie schon dediziert erhalten hätten, würden Sie die Freundlichkeit haben sie mir wieder zuzustellen.


1 Albert Bachmann (1863-1934), Schweizer Dialektologe u. Germanist; vgl. HSA 00396-00398.

2 Schuchardt, „Bearn. tos, tosse (Dem. tosset) Trog, Kübel“, ZrP 41, 1921, 701-702. Dort findet sich ein Hinweis auf Frehner, vgl. hier Brief 05212.

3 Hajim / Heymann Steinthal (1823-1899), deutscher Sprachphilosoph und Philologe; vgl. HSA 11271.

4 Wilhelm Wundt (1832-1920), deutscher Sprachphilosoph; vgl. HSA 12896-12900.

5 Antoine Meillet, Linguistique historique et linguistique générale. 1, Paris: Champion, 1921 (Collection linguistique; 8). Mit PK 06944 (3.4.1921) fragt Meillet bei Schuchardt an, ob er den Band erhalten habe. Am 26.8.1921 bedankt sich Schuchart (eigenartigerweise!) „für den schönen Band, der mir eben zugekommen ist‟.

Faksimiles: Universitätsbibliothek Graz Abteilung für Sondersammlungen, Creative commons CC BY-NC https://creativecommons.org/licenses/by-nc/4.0/ (Sig. 05213)