Hugo Schuchardt an Jakob Jud (80-HSJJ23) Hugo Schuchardt Frank-Rutger Hausmann Institut für Sprachwissenschaft, Karl-Franzens-Universität Graz Zentrum für Informationsmodellierung - Austrian Centre for Digital Humanities, Karl-Franzens-Universität Graz GAMS - Geisteswissenschaftliches Asset Management System Creative Commons BY-NC 4.0 2022 Graz o:hsa.letter.8560 80-HSJJ23 Hugo Schuchardt Archiv Herausgeber Bernhard Hurch Karl-Franzens-Universität Graz Schweiz Bern Universität Bern AIS Archiv HSJJ23 Hugo Schuchardt Papier Brief 4 Seiten Graz 1920-04-24 Frank-Rutger Hausmann 2019 Die Korrespondenz zwischen Hugo Schuchardt und Jakob Jud Hugo Schuchardt Archiv Bernhard Hurch

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Hugo Schuchardt Archiv

Das Hugo Schuchardt Archiv widmet sich der Aufarbeitung des Gesamtwerks und des Nachlasses von Hugo Schuchardt (1842-1927). Die Onlinepräsentation stellt alle Schriften sowie eine umfangreiche Sekundärbibliografie zur Verfügung. Die Bearbeitung des Nachlasses legt besonderes Augenmerk auf die Erschließung der Korrespondenz, die zu großen Teilen bereits ediert vorliegt, und der Werkmanuskripte.

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Hugo Schuchardt Graz 1920-04-24 Jakob Jud Austria Graz Graz 15.45,47.06667 Korrespondenz Hugo Schuchardt - Jakob Jud Korrespondenz Wissenschaft Sprachwissenschaft Brief Deutsch
Die Publikation der vorliegenden Materialien im „Hugo Schuchardt Archiv” erfolgt mit freundlicher Genehmigung des Jaberg-Archiv, Universität Bern (Institute für Romanische Sprachen und Literaturen und Jaberg-Bibliothek). Die Publikation der vorliegenden Materialien im „Hugo Schuchardt Archiv” erfolgt mit freundlicher Genehmigung des Jaberg-Archiv, Universität Bern (Institute für Romanische Sprachen und Literaturen und Jaberg-Bibliothek). Die Publikation der vorliegenden Materialien im „Hugo Schuchardt Archiv” erfolgt mit freundlicher Genehmigung des Jaberg-Archiv, Universität Bern (Institute für Romanische Sprachen und Literaturen und Jaberg-Bibliothek). Die Publikation der vorliegenden Materialien im „Hugo Schuchardt Archiv” erfolgt mit freundlicher Genehmigung des Jaberg-Archiv, Universität Bern (Institute für Romanische Sprachen und Literaturen und Jaberg-Bibliothek).
Graz, 24.4. ‘20 Lieber Freund,

Ich war neulich zu der Feststellung gelangt: ou il a la grippe ou il m’a en grippe, da kam Ihr lieber Brief und ich erfuhr daß es ein Drittes gab: So freue ich mich denn aufrichtig daß Ihrer Arbeitskraft und Ihrer Begeisterung sich, unter so günstigen äußeren Bedingungen, ein weites Feld eröffnet sich darauf zu betätigen.Es geht um den Sprach- und Sachatlas Italiens und der Südschweiz , hrsg. von Karl Jaberg und Jakob Jud, der ab 1928 zu erscheinen begann. Über die Sache vermag ich mich nicht zu äußern da ich den leitenden Gedanken bei der Umgrenzung dieses Feldes nicht kenne. Noch mehr gefreut hätte ich mich – und das doch wohl in Ihrem Sinne – wenn Sie die Mittel zur Durchführung Ihrer „eigentlichen“ Lebensaufgabe (des deutsch-schweizerischen Atlasses) erhalten hätten. Dann würden Sie auch vorbildlich für das jetzt so kleine Großdeutschland haben wirken können; es ist eine Affenschande daß wir nicht längst unsern Sprachatlas haben, der Wenkersche ist doch nicht besser als die Seeschlange die niemand gesehen hat.Georg Wenker, Sprachatlas des Deutschen Reichs , Leipzig: Gieseke & Devrient, [ca. 1889]. Freilich werden wir an dergleichen Unternehmungen überhaupt nicht denken dürfen; der Shylock besteht auf seinem ScheinGemeint sind die Alliierten, denen die von ihnen besiegten Deutschen und Österreicher wie einst der „jüdische Wucherer Shylock“ in Shakespeares The Merchant of Venice als Kompensation ein Stück Fleisch von ihrem Fleische (damit ist die Abtretung von Territorien mit deutscher Bevölkerung gemeint) geben müssen. und da bleibt nichts übrig für die Wissenschaft, kaum noch Papier um darauf zu drucken. Zeitschriften gehen ein; der Thesaurus linguae latinae Thesaurus linguae latinae, editus iussu et auctoritate consilii ab academiarum quinque germanicarum Berolinensis Gottingensis Lipsiensis Monacensis Vindobonensis , Leipzig 1900 ff. und Anderes stockt; die Ägyptologen, Assyriologen, Afrikanisten usw. feiern.i. S. v. „arbeitslos sein“. Ich sehe nur einen Weg vor uns, den der innern Konzentration, mögen vielleicht die Franzosen sich auch vor dem wissenschaftlichen Pangermanismus fürchten. Sie mögen sich des Wahlspruchs erinnern der auf dem Titelblatt der Romania steht.„Pur remembrer des ancessurs / Les dix et les faits et les murs“ (Wace). Aber ich denke nicht an irgendwelches Politische dabei, wenn mir als wünschenswerters Ziel die größere Annäherung der Deutschen an ihre nordgermanischen „Vettern“ vorschwebt. Wir haben es wirklich nötig, bekennt doch z. B. der Verfasser einer beachtenswerten Schrift über die Grundlagen der Sprachwissenschaft, daß ihm das Werk von Noreen Adolf Gotthard Noreen (1854-1925), schwedischer Linguist; vgl. HSA 07934-07939. verschlossen sei, da er Schwedisch nicht verstehe!! Ich lese jetzt sehr viel Schwedisch, aber nur alte Unterhaltungslektüre, also zum zweiten oder dritten Male, aber mit erneutem Vergnügen. Ja, da hilft nichts, man wird doch mehr angeheimelt als von irgendwelcher romanischer Lektüre, die in anderer Beziehung weit überlegen sein mag. Nun, da bei Ihnen, was mir unverständlich ist, Romanisten und Germanisten in ihre Schranken, in ihre Pflichtlektüre verwiesen werden, so muß ich gestehen daß ich nicht mehr wie einst sage (mit Variierung eines bekannten lateinischen Verses

Romani nihil a me alienum puto,Abwandlung von „Homo sum, humani nihil a me alienum puto“ (Terenz, Heauton Timorumenos, Vers 77).

allerdings auch nicht: Omne Romanum …. Aber jeder Biß den ich in einen Schweizer Leckerbissen tue, ist von einem Gewissensbiß begleitet; ich bin ja kein geaichterGemeint „geeichter“, i.S. v. „geprüfter“. Romanist mehr. Wenn irgend etwas meine Entmutigung noch vermehren könnte, so sind es die Worte Bovets (des sonst so richtig urteilenden und gerecht denkenden) in W. u. L. April 1920 S. 451f. welche sich auf die „deutsche Wissenschaft“ beziehenErnest Bovet, „ L’Allemand IV “, Wissen und Leben (1. April 1920), 451-452: „Il est un premier fait que, longtemps avant la guerre, apparaissait avec une évidence croissante: la décadence de la pensée et de la science allemande“. (ich habe diese Verbindung entweder überhaupt nicht, oder in ganz anspruchslosem Sinne gebraucht). Seit dreißig Jahren soll sie sich gesenkt, die französischen und italienischen Studien gehoben haben (d’une façon merveilleuse). Ich bin starr! Was hat denn Frankreich (um mich auf dieses zu beschränken) Wundts Völkerpsychologie IWilhelm Wundt, Völkerpsychologie: Eine Untersuchung der Entwicklungsgesetze von Sprache, Mythus und Sitte , Leipzig: Kröner, 1900f.,16 Teile. (und überhaupt dem riesigen Lebenswerk dieses neuen Aristoteles), Brugmanns GrundrißKarl Brugmann, Grundriß der vergleichenden Grammatik der indogermanischen Sprachen , Strassburg: Trübner, 1889. H. Pauls PrinzipienHermann Paul, Principien der Sprachgeschichte , Halle: Niemeyer, 1880 u. ö. usw. gegenüberzustellen? Und selbst auf dem engeren Gebiet: behauptet nicht Meyer-Lübke (wieviel ich auch gegen ihn einzuwenden habe) mit seiner Grammatik und seinem Wörterbuch den Platz? Und was die anderen Wissenschaften anlangt, so sehe man doch das Verzeichnis der Nobelpreisträger an, und lasse sich hier belehren. Daß Bovet nicht wie manche Franzosen die Arbeiten deutscher Gelehrten durch die Bank als allen höheren Reizen bar verachtet, zeigen die vorhergehenden Worte; ich erinnere noch ausdrücklich an Fr. Mauthners dreibändiges Werk: Kritik der Sprache,Fritz Mauthner, Beiträge zu einer Kritik der Sprache , Stuttgart-Berlin: Cotta, 1902-1912. da findet er vielleicht mehr „französischen Geist“ als in irgend einem französischen Buch das einem ähnlichen Gegenstand gewidmet ist. – Bitte machen Sie Bovet gelegentlich auf diese Beanstandung seiner Äußerungen aufmerksam. Ich wollte ihm erst selbst schreiben; aber ich habe es aufgegeben, u. a. weil er darin eine erneute Mahnung an die im Jänner gegebene Zusage einiger „weiterer“ Exemplare sehen möchte. Ich bin durch dieses Manko allerdings in einige Verlegenheit versetzt worden; mein Briefwechsel mit den drei Personen, denen Exemplare zugedacht waren, ist dadurch unterbunden worden. Eine lächerliche Geschichte.

Daß Saroïhandy Jean-Joseph Saroïhandy (1867-1932), franz. Romanist und Baskologe; vgl. HSA 09942-09947. sich für den baskischen Sprachatlas (das ist mein Steckenpferd) interessiert, ist sehr erfreulich; nur möge er nicht die Schreibung des franz. Atlas einzuführen bemüht sein. Dieses Projekt wurde erst viel später realisiert: Charles Videgain (dir.). Euskararen Herri Hizkeren Atlasa (EHHA). L'Atlas linguistique du Pays basque , volume 1 à 3 et cédéroms. Bilbao: Euskaltzaindia [Académie de la langue basque], 2008-2010. Auch möge der bask. Atlas nicht als ein Annex des anderen (vgl. Corsika) betrachtet werden; er hat ja nur einen Sinn wenn das spanische Baskenland inbegriffen wird, (wie das deutsche Südtirol, wenn es unter der ital. Ägide ausgefragt wird, doch ohne Nordtirol rein demonstrativ wirken würde).

Herzlichst Ihr HSchuchardt