Hugo Schuchardt Archiv

Wien 9 Febr. 1883

Sehr geehrter Herr Collega

Ich war leider nicht in der Lage mein Interesse an Ihrer Differenz mit der Hofbibliothek in anderer Weise zu bethätigen als durch gelegentliche Unterhaltungen mit einigen Akademikern, obwol ich so wol Ihren allgemeinen Bemerkungen über eine bei uns herrschende Lässigkeit in Behandlung rechtlicher Dinge beistimme als auch anerkenne, daß Sie durch die Hofbibliothek in Ihren Rechten geschädigt worden sind. Allein diesmal liegt das Versehen Birks¹ doch nur darin, daß er |2| Ihnen keine Mittheilung darüber machte warum er die Bücher nicht schickte. Denn daß er es nicht gethan, kann ihm bei dem ungehörigen Modus, den die Grazer Univ. Bibl. hierbei einhielt, nicht zum Vorwurf gemacht werden. Ferner haben Sie nach meiner und mehrerer Collegen Meinung Ihre Sache bei der Akademie nicht glücklich geführt. Die Ausdrucksweise Ihres ersten Schreibens – die durch die Hofbibl. verschuldete Unvollkommenheit einer Ihrer Abhandlungen – hat Urtheilslosen u. Befangenen die bequeme Waffe in die Hand gegeben zu sagen es sei Ihnen mehr |3| um eine Anklage gegen die Hofbibl. als um die Vollkommenheit Ihrer Arbeit zu thun gewesen. Auch Ihr letzter Brief hat Ihrer Sache in der Akademie eher geschadet. Er war unbillig² Mittheilungen über die vertrauliche Sitzung zu verlangen – doch das wussten Sie wol nicht daß alle Personalangelegenheiten in geheimer Sitzung verhandelt werden – und Sie konnten doch nicht erwarten daß die Akademie über amtliche Berichte Birks an seine Behörde das Oberhofmeisteramt, in deren Kenntnis sie auf ganz ungewöhnlichem Wege gekommen, aburtheile. |4| Aber ich höre mit Vergnügen daß Ihre Schritte beim Oberhofmeisteramt von besserem Erfolg begleitet waren.

Ganz ergebenst

RHeinzel