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Das Hugo Schuchardt Archiv widmet sich der Aufarbeitung des Gesamtwerks und des Nachlasses von Hugo Schuchardt (1842-1927). Die Onlinepräsentation stellt alle Schriften sowie eine umfangreiche Sekundärbibliografie zur Verfügung. Die Bearbeitung des Nachlasses legt besonderes Augenmerk auf die Erschließung der Korrespondenz, die zu großen Teilen bereits ediert vorliegt, und der Werkmanuskripte.
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„Wenn“ Ihnen gegenüber dem spanischen Pathos noch nicht aller germanische Humor abhanden gekommen ist, so werden Sie sich über die folgende Geschichte höchlich amusieren, für deren Mitteilung an Sie ich zehn Kreuzer und einen angebrochenen Abend dran wage.
Unser gemeinsamer Freund Glücksmann
Sie erinnern sich an jenen unsichern „Professor“ Willinger, der mit seiner höchst verdächtig aussehenden Gema[h]lin im Anfang dieses Jahres auf der Freundesliste von Gl.
Leider wurde es nicht so schlimm. Oben verlangte der Gatte kategorisch die Exemplare seiner Phot., die Gl. hatte, sowie zwei andere Phot. seiner Frau, die Gl. ohne zu mucken heraus gab – R. sagt, er hätte sich jämmerlich benommen – und erklärte ihm dann, er würde wol einsehen, daß er überflüssig sei, wenn er seine Schwelle noch weiter überschritte.
Wir giengen dann, ohne den Gatten, ins Café. Dort haben wir beide mit vollem sittlichen Pathos Gl. furchtbar zugedeckt; Schwindelei, Gemeinheit, ja selbst Ehrlosigkeit flogen ihm an den Kopf – er hat sich alles eingesteckt. Schliesslich verlangte ich von ihm die bestimmte Erklärung, ob er bei seiner Behauptung die Frau gev. zu haben bleibe oder nicht. Er wich aus und wich aus, endlich gab er denn zu, dass er sie zwar nicht gev. habe, aber nach allen Dimensionen abgeküsst und abgegriffen; auch hätte er ein Maas Briefe von ihr, die klar bewiesen, daß sie ihren Mann doch hintergangen hätte.
Am andern Mittag erschien er, schon wieder wesentlich gehobener Stimmung, mit den Briefen. Wir lasen sie alle. Sie enthielten nun zwar weder ein Liebesgeständnis noch sonst Verfängliches, waren aber doch so, wie sie eine Frau mit Wissen ihres Mannes nicht an einen jungen Mann schreibt, die Anrede meist „Mein lieber Carl“, am Schluss häufig „mit Kuss“ u. dgl. Unsere
Gleich als Gl. fort war, erschien wieder der Gatte. Wir rückten ihm energisch zu Leibe, sagten ihm was Gl. erklärt hätte u. zeigten ihm die Briefe. Er sagte, er hätte vorausgesehen, daß Gl. versuchen würde sich zu rechtfertigen, und sei uns noch das letzte schuldig: Die Briefe hätte alle er selbst geschrieben. Sprachs, und copierte mit solcher Geschwindigkeit und solcher Identität der Schriftzüge einen Teil eines Briefes, daß ein Zweifel nicht möglich war. Der kleine Herzog war in der unglaublichsten Weise mystificiert worden!! Wir haben uns kostbar amüsiert. Zur Erhöhung unsrer Freude producierte er nun seinerseits die Briefe Gl. an seine Frau. Ich sage Ihnen, das war der höchste Spinat! Ich hätte sie dem Manne gern um schweres Geld abgekauft. Hier einige, natürlich nicht ganz wörtliche Citate: „Ich liege auf meinem einsamen Lager in der höchsten Erection meines Herzens“; oder „wenn Du nicht bald Balsam [der kam öfter vor] auf meine Wunden legst, verfalle ich in Agonie, die sich immer mehr steigert“; oder „morgen fahre ich über Land um die Erregung meines Herzens im Frieden der Natur zu dämpfen“. Ein andermal wirft er ihr vor „So etwas kannst du wol von einem andern glauben, aber nicht von einem Manne wie ich, der Herz und Gemüt besitzt“!! Ein andermal citiert Der neue Tannhäuser, Berlin: Dümmler, 1871.
Als wir abends auch diesen Schlusseffect Gl. aufdeckten, war er ganz naff, und als wir ihm diese Kraftstellen seiner Briefe citierten, hat er sich wirklich, glaub ich, vor uns geschämt.
Damit ist nun diese schöne Geschichte, bei der sich Gl. auf jeden Fall unsterblich blamiet hat, vorläufig und wol auch definitiv am Ende. Ich glaube, Sie werden sich ebenso wenig wie wir ein klares Urteil über den Fall bilden können. Dass ein Mann sich dafür hergibt ein solches für eine Frau doch sehr blosstellendes Spiel treiben zu helfen, ist mehr als merkwürdig. Und Gl. hält entschieden die Kuss und chorographischen Studien über Busen und Schenkel aufrecht – und wir glauben ihm das auch; er hat sich auf unsere Aufforderung bereit erklärt eine Geschichte, wie sie ihn im Unterrock u. Hemd bei der Toilette empfangen und ihn die Geheimnisse ihres Oberkörpers habe bewundern lassen, dem Mann u. der Frau ins Gesicht zu wiederholen. Qu’en dites vous? Entweder ist der Mann ein Mordstroddel, der seine Frau diesen Jux hat machen helfen, den sie aber doch hinter seinem Rücken etwas über seine Intentionen hinaus ausgedehnt hat. Oder – er ist ein Gauner, der mit Hilfe seiner Frau Gl. hat anlocken wollen, und als er sah, daß mit ihm keine bedeutenden Geschäfte zu machen seien, ihn springen liess und jetzt vielleicht hofft einen von uns einzufangen. Leider wird das nicht einmal die Section ergeben. Wir wollen
Ich fahre morgen nach Wien, von da nach Prag u. dann zu meinen Eltern nach Oppeln. Einen Brief richten Sie nur hieher, er wird mir immer nachgeschickt.
Ihr Frisör lässt (durch Rittler) bestellen sich doch gefälligst darüber zu äussern, ob Sie vor Ihrer Abreise seinem Gehilfen Zahlung geleistet haben. Nicht etwa um Sie zu treten, aber er hat den Gehilfen schon in einigen Fällen im Verdacht solche Zahlungen unterschlagen zu haben.