Alois Dumreicher von Oesterreicher an Hugo Schuchardt (09-02648)

von Alois Dumreicher von Oesterreicher

an Hugo Schuchardt

Lissabon

01. 06. 1881

language Deutsch

Zitiervorschlag: Alois Dumreicher von Oesterreicher an Hugo Schuchardt (09-02648). Lissabon, 01. 06. 1881. Hrsg. von Frank-Rutger Hausmann (2020). In: Bernhard Hurch (Hrsg.): Hugo Schuchardt Archiv. Online unter https://gams.uni-graz.at/o:hsa.letter.7887, abgerufen am 29. 03. 2024. Handle: hdl.handle.net/11471/518.10.1.7887.


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Lissabon, 1. Juni 1881

Hochgeehrter Herr Professor!

Vor allem sage ich Ihnen meinen verbindlichsten Dank für Ihre mir gefälligst mitgetheilten Vorschläge zur Calderón’s-Feier1. Es ist in denselben vieles recht Interessantes enthalten, und insbesondere sprach mich auch die geistige Frische an, |2| mit welcher dieselben geschrieben sind.

Es thut mir sehr leid dem von Ihnen geäußerten Wunsch nicht entsprechen zu können. In den vielen Zeitungen, welche ich hier lese, fand ich keinen Artikel über die Shakespeare-Übersetzungen. Dieselben waren nur im Vorübergehen besprochen. Von keiner |3| Seite habe ich aber ein ungünstiges Urtheil darüber vernommen. Im allgemeinen findet man diese Uebersetzungen gelungen, und hier scheint man sich nicht seine Meinung unumwunden auszusprechen.

Die Übersetzungen sind noch sehr wenig verbreitet, und dies ist wohl die Ursache, daß nichts Ausführliches |4| darüber erschienen ist.2

Mit ausgezeichnetster Hochachtung

Ihr

ergebener

Dumreicher


1 Schuchardt, „Zu Calderons Jubelfeier“, Neue Freie Presse 15. Mai 1881, 103-116.

2 Differenziert urteilt z.B. Carolina Michaelis de Vasconcelos, „Shakespeare in Portugal“, Jahrbuch der Deutschen Shakespeare-Gesellschaft 15, 1880, 266-297; zur Übers. des portug. Königs vgl. S. 286f. Die Autorin geht recht forsch mit dem Monarchen ins Gericht: „Lebhaft haben wir auch bedauert, daß kein Vorwort und kein Nachwort zu dem Volke spricht, dem die Hamletübersetzung doch gewidmet ist, daß keine einzige Anmerkung Aufklärung über die Schwierigkeiten des Originals giebt, daß der Uebersetzer keine Rechenschaft über Zweck und Methode seiner Arbeit ablegt, gar nicht den Versuch macht das Publikum zur Erkenntniß und zum Verständniß Shakespeare’s zu erziehen, und zur Beschäftigung mit ihm anzuregen. Vielleicht wird dieser Wunsch bald einmale erfüllt“ (290) usw.

Faksimiles: Universitätsbibliothek Graz Abteilung für Sondersammlungen, Creative commons CC BY-NC https://creativecommons.org/licenses/by-nc/4.0/ (Sig. 02648)