Alois Dumreicher von Oesterreicher an Hugo Schuchardt (08-02647)

von Alois Dumreicher von Oesterreicher

an Hugo Schuchardt

Lissabon

30. 03. 1881

language Deutsch

Schlagwörter: Valera, Juan Hurch, Bernhard (2009)

Zitiervorschlag: Alois Dumreicher von Oesterreicher an Hugo Schuchardt (08-02647). Lissabon, 30. 03. 1881. Hrsg. von Frank-Rutger Hausmann (2020). In: Bernhard Hurch (Hrsg.): Hugo Schuchardt Archiv. Online unter https://gams.uni-graz.at/o:hsa.letter.7886, abgerufen am 28. 03. 2024. Handle: hdl.handle.net/11471/518.10.1.7886.


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Lissabon, 30. März 1881.

Hochgeehrter Herr Professor!

Die in Ihrem sehr gefälligen Schreiben vom 16. d. M. gestellte Anfrage beehre ich mich dahin zu beantworten daß mir ein eigenes Dankschreiben nicht angezeigt erscheint. Es ist hier nicht üblich solche |2| Schreiben an Seine Majestät den König zu richten.

In einem Artikel über die Shakespeare-Übersetzungen würde ein Beweis Ihrer ehrfurchtsvollen Erkenntlichkeit erblickt werden, aber ich begreife vollkommen daß dazu um so mehr einige Zeit benöthigt würde als Ihnen Ihre Gesundheit leider Einiges zu wünschen |3| übrig läßt.1

Ich freue mich sehr D. Juan Valera2 zum Kollegen zu haben; er ist erst seit Kurzem hier und ich hoffe ihn bald zu sehen.

Sie erlauben mir, Ihnen noch einige Cantigas Populares zu übersenden.

In hochachtungsvollsten Gesinnungen und mit besten Wünschen für Ihre Gesundheit

Ihr ergebener

Dumreicher


1 Vgl. dazu insbesondere Schuchardts Brief an Carolina Michaëlis de Vasconcellos (Brief 19-s.n.), Graz, 31.12.1881: „Ich danke Ihnen vielmals für Ihre Nachrichten und Anerbietungen. Ja, daß ich wegen des Shakespeare von Dom Luiz nicht einmal in das Jahrbuch geschaut habe! Ich habe eben Ihre Produktivität in ihrem Umfang noch unterschätzt und nicht vermuthet, daß bei dem vielen Andern, was Sie leisten, noch eine so ausgezeichnete, eingehende Abhandlung über Shakespeare in Portugal Ihrer Feder entstammen könnte. Obwohl Sie etwas streng sind (übrigens da Sie Portugiesin geworden, auch streng zu sein das Recht haben), so unterschreibe ich – so weit ich überhaupt ein Urtheil auf diesem Gebiete haben kann – Alles was Sie sagen. Nur muß ich Ihnen gestehen, so wünschenswerth in einer Prosaübersetzung die Strichlein, welche die Verse des Urtextes andeuten, für den Kritiker sind, so wenig wohltuend sind sie für das Auge dessen, der nur zu seinem Vergnügen liest; wenigstens mich machen sie geradezu nervös und ich lege die Uebersetzung aus den Händen. Sollte man nicht zunächst (und dies gilt ja wohl noch von Portugal) daran denken, dem großen Publikum Geschmack an den fremden Schriften beizubringen? Wäre es dort wohl am Platze, bei einer Uebersetzung allen den Forderungen zu entsprechen, die wir in Deutschland nach einem Jahrhundert des fleißigsten und angestrengtesten Uebersetzens hatten? - Ich werde über die Uebersetzungen von Dom Luiz irgendwo ein paar allgemeine Phrasen loslaßen; anderes ist nicht möglich, da sie sich größtentheils doch meinem Urtheil entziehen. Ich will mir ,den Kaufmann von Venedig‘ und ,Richard den III‘ näher ansehen, wenn ein Fortschritt stattgefunden hat (ich hätte das gern von Ihnen gehört), so wird es für mich schwer sein zu konstatieren, besonders da ich diese Betrachtung doch nur […] führen kann und andere Arbeiten mich an einer gründlichen Vertiefung hindern. Bulhão Pato's K.v.V. würde mich allerdings interessieren; es geschieht noch wohl nicht offner Absicht, daß er sich dieselben Stücke wie der König auswählt?“ – Vgl. auch im Kontext: Bernhard Hurch (Hrsg.), gls / grazer linguistische studien 72, 22009, 56-59.

2 Juan Valera (1824-1905), span. Schriftsteller und Diplomat, 1881-1884 Botschafter.

Faksimiles: Universitätsbibliothek Graz Abteilung für Sondersammlungen, Creative commons CC BY-NC https://creativecommons.org/licenses/by-nc/4.0/ (Sig. 02647)