Julius Cornu an Hugo Schuchardt (099-01808)

von Julius Cornu

an Hugo Schuchardt

Peney-Le-Jorat

24. 09. 1911

language Deutsch

Schlagwörter: Bauer, Adolf

Zitiervorschlag: Julius Cornu an Hugo Schuchardt (099-01808). Peney-Le-Jorat, 24. 09. 1911. Hrsg. von Frank-Rutger Hausmann und Katrin Purgay (2019). In: Bernhard Hurch (Hrsg.): Hugo Schuchardt Archiv. Online unter https://gams.uni-graz.at/o:hsa.letter.7819, abgerufen am 28. 03. 2024. Handle: hdl.handle.net/11471/518.10.1.7819.


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Peney-le Jorat, 24 Sept, 1911.

Lieber Freund,

Gestern verliess ich Montherond, wo früher eine Abtei war1 und wo vor kurzem durch Ausgrabungen mittelalterliche Säulen zum Vorschein gekommen sind. Die Gebäude standen, gut geschützt gegen Winde, zwischen Sandsteinenwänden. Von den alten Bauten ist soviel wie nichts übrig geblieben, denn die Kirche ist neu und das gute Wirtshaus wird immer neuer, denn es macht alle Fortschritte mit, welche die Zeit in raschem Schritte mit sich bringt. Glücklicher Weise ist |2| die Küche waatländisch geblieben und ich fand mich wohl dabei. Die Namen der Gerichte – kein Speiszettel war vorhanden – verstand ich alle und musste mich nicht belehren lassen, dass potage Parmentier nichts anderes ist als Kartoffelsuppe. In Montherond fand ich endlich was ich lange vergeblich gesucht hatte, Schutz gegen die brennende Hitze, welche seit meiner Ankunft in Waatland bis zum 15 Sept. ununterbrochen anhielt.

Jetzt ist es kühl geworden, ja kalt, und wohne wieder bei meiner Schwester in Peney-le Jorat und gedenke am Ende der Woche nach Riant-Port, Chemin Bergère, Vevey zu meinem Bruder zu fahren.2|3| Nach Graz kehre ich kaum vor dem 7. Oktober zurück. Inzwischen wird meine Frau aus Böhmen wieder in Graz eingetroffen sein. Über das par nobile fratrum3 habe ich Manches zu erzählen, was ich in der Schweiz erfuhr. Ihre Niederträchtigkeit ist unergründlich. Ich halte sie beide für fähige Leute, denn sie sind zu Allem fähig. Solche Dinge sind unerquicklich und ich schliesse.

Alles Schöne dir und Herrn und Frau Professor Bauer,4 die du wahrscheinlich oft siehst.

Dein treuer Freund
J. Cornu


1 Vgl. HSA 01807.

2 Vgl. HSA 01803.

3 Horaz, Satiren II, 3, 243; „ein edles Bruderpaar“, hier ironisch auf Rudolf Meringer und Wilhelm Meyer-Lübke bezogen; vgl. HSA 01805.

4 Adolf Bauer (1855-1919), Althistoriker in Graz, verh. mit Mela (Amalie), Tochter des Obersten Emanuel Smekal; vgl. HSA 00612-00640 u. 00678-00803.

Faksimiles: Universitätsbibliothek Graz Abteilung für Sondersammlungen, Creative commons CC BY-NC https://creativecommons.org/licenses/by-nc/4.0/ (Sig. 01808)