Julius Cornu an Hugo Schuchardt (091-01800)

von Julius Cornu

an Hugo Schuchardt

Graz

15. 12. 1908

language Deutsch

Zitiervorschlag: Julius Cornu an Hugo Schuchardt (091-01800). Graz, 15. 12. 1908. Hrsg. von Frank-Rutger Hausmann und Katrin Purgay (2019). In: Bernhard Hurch (Hrsg.): Hugo Schuchardt Archiv. Online unter https://gams.uni-graz.at/o:hsa.letter.7811, abgerufen am 29. 03. 2024. Handle: hdl.handle.net/11471/518.10.1.7811.


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Graz, den 15. Dez 1908

Verehrtester Freund,

Auf die mir zutheil gewordene Auszeichnung war ich so wenig gefasst, dass ich dem ersten Glückwunsch keinen Glauben schenkte. Durch die Ernennung zum Hofrat bin ich dir dem Titel nach gleich geworden, in That und Wahrheit d. h. den Mitteln nach jedoch nicht; quid enim contendat hirundo cygnis?1 Denn welcher Auszeichnung wäre der würdig, |2| den man mit Recht einen Fürsten in der Wissenschaft genannt hat? Und ich sage, du bist als ein Solcher geboren, denn so allein lässt sich erklären, dass du als Vierundzwanzigjähriger den ersten Band des Vokalismus herausgeben konntest. Vulgärlatein und Schuchardt werden daher auf immer verbunden bleiben. Du hast damals volle Garben zusammengetragen. Deine Nachfolger sind Aehrenleser, die oft bemerken müssen, dass irgendwo im Vokalismus ihre |3| gefundenen Aehren bereits verborgen lagen. Den Fürstenrang, den du im Jahre 1866 dir errungen, hast du bis heute in ungeschwächtem Glanze dir bewahrt, und wie ich hoffe und wünsche noch für Zeit eines langen schaffensreichen Lebens.

Meine Frau, welche sich nicht versagen kann selbst zu schreiben,2 dankt herzlich für deinen Glückwunsch, der zu den liebsten gehört, die uns geworden sind.

In unwandelbarer Freundschaft und Verehrung

Dein
J. Cornu


1 Lucrez, De rerum natura, 3, 7 („Wie soll mit dem Schwan wettstreiten die Schwalbe?“).

2 HSA 01875 (12.12.1908).

Faksimiles: Universitätsbibliothek Graz Abteilung für Sondersammlungen, Creative commons CC BY-NC https://creativecommons.org/licenses/by-nc/4.0/ (Sig. 01800)