Ferdinand Blumentritt an Hugo Schuchardt (130-01167)
an Hugo Schuchardt
15. 12. 1888
Deutsch
Schlagwörter: Kreolsprachen Biographisches Mittheilungen des Vereines für Geschichte der Deutschen in Böhmen Sprachkontakt (allgemein) Deutsche Rundschau Weiterleitung von Korrespondenz Küchenspanisch
Deutsche Dialekte
Japanisch Rizal, José Müller, Benjamin Carl Leopold Müller, Leopold (1888)
Zitiervorschlag: Ferdinand Blumentritt an Hugo Schuchardt (130-01167). Leitmeritz, 15. 12. 1888. Hrsg. von Veronika Mattes (2013). In: Bernhard Hurch (Hrsg.): Hugo Schuchardt Archiv. Online unter https://gams.uni-graz.at/o:hsa.letter.766, abgerufen am 22. 09. 2023. Handle: hdl.handle.net/11471/518.10.1.766.
Printedition: Mattes, Veronika (2010): "Sa Profesor Schuchardt munting alay ni F. Blumentritt": Die Briefe Ferdinand Blumentritts an Hugo Schuchardt. In: Grazer Linguistische Studien. Bd. 74., S. 63-237.
15. December 1888
Verehrter Freund!
Soeben erhalte ich Ihr liebes Schreiben und Rizals wirklich wunderlichen aber mir nicht erklärlichen Brief.1Rizal ist ein Vollbluttagale. Einer der wütendsten Gegner der Indier, ist ein in Naga (Camarines) wohnender Spanier, der unter dem Namen Quioquiap empörende Angriffe auf die Indier im "Liberal" schon seit Jahren eröffnet. Seine Manier die Indier, wegen des español de tienda zu höhnen (was ja alle peninsulares gerne thun), ruft in ihnen förmlich das Bedürfnis |2| hervor, dem Gegner diese Waffe zu entwinden, indem die einen jenes E.d.t.2 entweder ganz zu läugnen suchen oder wenigstens seine Bedeutung und Ausdehnung (in jeder Bedeutung des Wortes)[.] Rizal ist aber zu wahrheitsliebend, um in irgend einer Weise nach japanischer Art zu manipulieren. Ich begreife demnach sein Vorgehen nicht. Er weiss es vielleicht nicht, dass es creolische Sprachen auch anderswo als auf den Philippinen gibt. Aber genug hievon.
Es thut mir leid zu vernehmen, dass Sie nicht "am Zeuge sind", wie wir hier sagen. Möchte Ihnen das neue Jahr eine Besserung bringen. Ich habe keinen Grund |3| zu klagen, sobald meine gute Frau u. meine Ableger sich wohl befinden.
In dem soeben ausgegebenen Heft der Mitthgn. des Vereines für Gesch. der Deutschen in Böhmen finden Sie ein kleines Vokabular von, dem Egerländer Dialect eigenthümlichen Fremdworten.
Der preuss. Oberstabsarzt Dr. Leopold Müller3 erwähnt in seinem Tokio-Igaku betitelten Artikel (Dtsche. Rundschau, 1. Dez. 1888 S. 399)4 von einer in Japan als Lingua franca eingeführten oder vielmehr üblichen Mischsprache. Vielleicht können Sie von ihm, der noch mit Japan in engen Beziehungen steht, weiteres erfahren.
|4| Mit herzlichen Grüßen
Ihr
getreuer
F. Blumentritt
1 Vermutlich ist hier ein Brief Rizals an Schuchardt gemeint, den Schuchardt an Blumentritt weitergeleitet hat, und über dessen Inhalt leider nichts bekannt ist.
2 Español de tienda.
3 Dr. Benjamin Carl Leopold Müller (1822 – 1893), deutscher Arzt, Begründer der modernen Heilkunde in Japan.
4 Müller, Leopold (1888). Tokio-Igaku. Skizzen und Erinnerungen aus der Zeit des geistigen Umschwungs in Japan 1871-1876.