Rudolf Beer an Hugo Schuchardt (19-00916)
von Rudolf Beer
an Hugo Schuchardt
12. 06. 1907
Deutsch
Zitiervorschlag: Rudolf Beer an Hugo Schuchardt (19-00916). Wien, 12. 06. 1907. Hrsg. von Frank-Rutger Hausmann (2019). In: Bernhard Hurch (Hrsg.): Hugo Schuchardt Archiv. Online unter https://gams.uni-graz.at/o:hsa.letter.7269, abgerufen am 08. 10. 2024. Handle: hdl.handle.net/11471/518.10.1.7269.
Dr. Rudolf Beer
k. u. k. Kustos Wien, IX. Währingerstraße 5
k. k. Hofbibliothek
den 12. Juni 1907.
Hochverehrter Herr Hofrat,
leider hatte ich nicht das Vergnügen, Sie bei der Festsitzung der Akademie und auch sonst nicht bei Ihrer jüngsten Anwesenheit in Wien zu sehen; doch hat Ihnen wol Herr Urquijo,1 der in der Hofbibliothek gute Aufnahme fand, gesagt, wie viel ich Ihrer gedachte, und wie sehr mich Ihre jüngste wissenschaftliche Gabe anregte und erfreute. Daß ich nicht früher für die Zusendung der Studie dankte, daran trägt diese selbst Schuld; sie gehört zu jenen Arbeiten, die man por cucharaditas aufnimmt. Zunächst hatte ich das angenehme Gefühl, nicht Herr E. Philipon zu sein;2 beim Weiterlesen freute ich mich herzlichst über die Wärme, mit der Sie des trefflichen E. Hübner |2| gedachten;3 Sie haben mir da aus dem Herzen gesprochen. Unter den weiteren Ausführungen hat mich keine so angezogen wie die 52ff über das patronym. -ez. Ich hatte die Sache auch einmal im Seminar (im Sinne d. Erkl. Cornu’s) behandelt u. freue mich die Frage, für die ich Ihnen Beispiele bis z. XIII. Jh. liefern kann, so schön behandelt zu sehen. - Und nun eine Belästigung: haben Herr Hofr. Irgendwo das IV. (richtig V.) Buch des Codex Calixtinus (Cod. Saint-Jaques) nach der Ausgabe Filas und Vinson’s4 besprochen oder ist Ihnen aus jüngster Zeit eine solche Besprechung bekannt?
Es wird H. H. freuen zu hören daß die photographischen Platten der in Madrid gemachten Aufnahmen nach dem Toletanus antiquissimus der Etymologiae Isidors (VIII-IX. Jh.) hier gut angekommen sind und wir den uralten Text bald zum Gemeingut machen werden.5 Auch sonst ist einiges an nützlichen Reproduktionen in Vorbereitung. Alles Liebe u. Schöne den guten Cornu’s.
Ihnen sendet den Ausdruck treuer Verehrung
RBeer.
1 Julio de Urquijo Ybarra (1871-1950), span. Baskologe; in der Korr. mit Schuchardt wird Beer jedoch nicht erwähnt.
2 Schuchardt, „Die iberische Deklination“, Sitzungsberichte der Kaiserlichen Akademie der Wissenschaften in Wien. Philosophisch-Historische Klasse 157, 1907, 1-90; Philipon, „La déclinaison dans l’onomastique de l’Ibérie“ wird bereits auf S. 2 als „wertlos“ bezeichnet und als unwissenschaftlich gebrandmarkt“. Hübners Lob steht auf S. 6, 8, 17f., 19 usw.
3 Emil Hübner (1834-1901), Archäologe und Epigraphiker, Prof. in Berlin; Schuchardt zitiert („Die iberische Deklination“) ausgiebig Hübners MLI (Monumenta linguae Ibericae, Berlin 1893).
4 Fidel Fita (avec le concours de Julien Vinson), Le Codex de Saint-Jacques-de-Compostelle (liber de Miraculis S. Jacobi) livre IV, Paris: Maisonneuve, 1882. Vgl. dazu Edward Spencer Dodgson, PK 141-02524 (5.8.1894).
5 Isidori etymologiae; Codex Toletanus (nunc Matritensis) 15,8 phototypice editus, praefatus est Rudolphus Beer, Lugduni Batavorum (Leiden): Sijthoff, 1909 (Codices Graeci et Latini photographice depicti; 13).
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