Julius Cornu an Hugo Schuchardt (027-01736)
von Julius Cornu
an Hugo Schuchardt
27. 04. 1883
Deutsch
Schlagwörter: Sprachen im Pazifik Portugiesisch Consiglieri Pedroso, Zófimo Paris, Gaston Meyer, Gustav Meyer, Gustav/Schuchardt, Hugo (1882)
Zitiervorschlag: Julius Cornu an Hugo Schuchardt (027-01736). Prag, 27. 04. 1883. Hrsg. von Frank-Rutger Hausmann und Katrin Purgay (2019). In: Bernhard Hurch (Hrsg.): Hugo Schuchardt Archiv. Online unter https://gams.uni-graz.at/o:hsa.letter.7069, abgerufen am 15. 09. 2024. Handle: hdl.handle.net/11471/518.10.1.7069.
Prag, Salmgasse 9,
den 27. April 1883.
Lieber Freund,
Gleich nach Empfang der Postkarte von Consiglieri-Pedroso, deren Inhalt ich Ihnen mitgetheilt habe,1 schrieb ich ihm, dass seine Sendung nicht angekommen wäre. Erst gestern erhielt ich von ihm eine zweite Postkarte, woraus ich entnehme dass die Abschrift nicht rekommandirt war und erfahre, dass seine Nachfrage in Lissabon keinen Erfolg hatte. Ich werde nun selbst an der hiesigen Post Nachfrage halten. Doch ist ein günstiges Resultat kaum zu erwarten. Im Falle auch diese Mühe vergeblich sein sollte, erbietet sich Consiglieri-Pedroso die Abschrift noch einmal zu machen. Seine Adresse ist: „Travessa de Lazaro Leitão, 2, Lissabon“. Er ist ein lieber und höchst gefälliger Mensch und wird sich freuen, wenn Sie ihm schreiben.
Wenn Sie Grund haben mit der Unsicherheit der Postsendungen unzufrieden zu sein, so geht es mir kaum besser. Anfangs März schickte |2| ich an Gaston Paris eine längere Arbeit über den Cancioneiro geral,2 ungefähr 80 grosse Folioseiten. Die Sendung war rekommandirt, ist nicht angekommen, und bis heute weiss ich nichts von ihrem Verbleiben. Auch ein Extrabegleitschreiben an dieselbe Adresse, welches nicht rekommandirt war, kam nicht an. Sollte ich genöthigt sein die Untersuchung noch einmal ins Reine zu schreiben, könnte ich einen Zeitverlust von wenigstens einem Monate dafür rechnen. Wie angenehm das Sommersemester mir dadurch würde, können Sie sich denken.
Ihre und Gustav Meyers Rezension habe ich mit ebenso grossem Vergnügen gelesen wie einige Tage vorher Sittls Buch3 mit Missvergnügen. Ich erwartete bei der Lektüre desselben auf etwas Brauchbares zu stossen, fand hiedoch nichts.
Auf ihre versprochenen Abhandlungen freue ich mich sehr sowie auf Alles was Sie schreiben.
Herzliche Grüsse
J. Cornu
2 Cornu, „ Phonologie syntactique du Cancioneiro geral “, Romania 12, 1883, 243-306.
3 Vgl. HSA 01733; hier ist gemeint Gustav Meyer / Hugo Schuchardt, Rez. Sittl, Die lokalen Verschiedenheiten der lateinischen Sprache mit besonderer Berücksichtigung des afrikanischen Lateins, ZrP 6. 1882., 608-628: „Wir haben dieses Buch mit einer Breite besprochen, welche in keinem Verhältnis zu seinem Werte zu stehen scheint. Es haben uns dazu zwei Gründe veranlaßt. Erstens betrachten wir es als ein Zeichen der Zeit; es ist kein vereinzelter Fall, daß eine Kraft, welche innerhalb gewisser Grenzen Nützliches zu leisten vermöchte, sich weit über dieselben hinauswagt und statt der verachteten ars nesciendi eine ganz andere ars sciendi an den Tag legt; und wir haben schon angedeutet, daß dies leicht unter sehr ähnlichen Umständen geschieht“.