Hugo Schuchardt Archiv

Verehrter Freund!

Recht herzlichen Dank für Ihren werten Brief vom 24. d.! Ich sehe jetzt schon klarer, insoferne nämlich, als ich sehe, dass das große Geheimnis auch Ihnen verschlossen ist. Der Dritte im Bunde kann wohl nur entweder A. in Wien oder Z. in Innsbruck sein, aber ich weiß so wenig wie Sie, wie ich rathen soll.¹ Über F.² soll ich Ihnen, die Sie sich seiner angenommen haben, doch erzählen, was ich eben von meinem germ. Collegen hier erfahren habe. F. soll hinter dem Rücken der Facultät dem Ministerium bewiesen haben, dass er der rechte Mann sei. Sie wissen, wie vorsichtig man Gerüchte aufnehmen muss, |2| auch wenn der letzte Relator der verlässlichste Mensch der Welt ist. Wenn wirklich zwischen ihm und mir zu wählen sein sollte, so wäre der Vorfall – wenn er wahr ist – für mich natürlich günstig. Aber F. hat auf mich einen sympathischen Eindruck gemacht – soweit das durch 1, 2 Briefe möglich ist; es thäte mir leid, wenn die Sache wirklich so schlimm wäre, als sie aussieht. F. soll keine Gymnasialbildung haben; dann würde sogar mein Respect ein wenig steigen: denn ich habe das aus seinen Briefen nicht herausgemerkt – was doch in der Regel leicht zu bemerken ist. (Übrigens vielleicht hat er italienisch geschrieben, ich weiß es nicht mehr: da wird der Unterschied |3| zw. Gymn. u. R.-S.³ nicht so auffällig sein.) Kurz, ich würde lieber neben ihm als trotz ihm eine Lehrkanzel in I. einnehmen.⁴

Eine Reise nach Wien würde mir schwer fallen; aber vor allem müsste ich wissen, wann. Ich weiß noch nicht, ob schon das Min. zu Wort kommt.

Entschuldigen Sie das Versehen mit dem Heft vom Dec. 97; das richtige folgt.

Mit dem herzlichsten Gruß

Ihr

Gartner
Czernowitz, 28. Januar 99.