Hugo Schuchardt an Reinhold Köhler (146-S.281-284)

von Hugo Schuchardt

an Reinhold Köhler

Graz

25. 06. 1882

language Deutsch

Schlagwörter: Folkloregesellschaft (Graz) Meyer, Gustav

Zitiervorschlag: Hugo Schuchardt an Reinhold Köhler (146-S.281-284). Graz, 25. 06. 1882. Hrsg. von Frank-Rutger Hausmann (2019). In: Bernhard Hurch (Hrsg.): Hugo Schuchardt Archiv. Online unter https://gams.uni-graz.at/o:hsa.letter.6797, abgerufen am 19. 09. 2024. Handle: hdl.handle.net/11471/518.10.1.6797.


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Graz 25 Juni 1882

Lieber Freund,

[S. 281-284]

Gestern am Johannistage haben wir die Gründung eines Vereins für Volkskunde von Innerösterreich ( Steyermark, Kärnthen, Krain) beschlossen. In das Comité zur Ausarbeitung der Statuten bin ich auch gewählt worden und wir werden schon am nächsten Samstag uns dazu vereinigen. Sie sind gewiss im Stande mir mit gutem Rathe zu helfen. |2| Was die Statuten selbst anlangt, so werde ich mir die von Sevilla und die englischen (wenn ich sie noch rechtzeitig bekomme) genau ansehen; andere sind ja wohl nicht zu berücksichtigen? Die Frage, in welchen Zeiträumen das betreffende Organ zu erscheinen habe, ist eine nicht ganz leicht zu beantwortende; die Folkloresociety will statt jährlicher monatliche Publikationen eintreten lassen. Ich glaube vierteljährliche wären für uns am geeignetsten. Meinen Sie nicht? Ferner denken wir an die Ausarbeitung einer kleinen Instruktion (nicht bloss Fragebogens) für die Sammler, bes. |3| Volksschullehrer; welches schon gedruckte Material kann man dabei am Besten zu Grunde legen? Wie denken Sie sich die Einrichtung der Zeitschrift am zweckmässigsten? Sollte nicht die Eintheilung in bestimmte Fächer durchweg festgehalten werden? Aber wie viel solche Fächer haben wir zu unterscheiden? that is the question ... Die „Folklore Society“ wird sich wie ich lese auch mit der Klassifikation und Terminologie befassen. Dass nicht unter uns Deutschen das Alles festgestellt worden ist! Sogar der Ausdruck „Volkskunde“ ist nicht so in’s allgemeine |4| Verständnis gedrungen, wie bei jenen der Ausdruck „folklore“; diesen letzten möchte ich nicht akzeptiren, er ist der Volksthümlichkeit unserer Bestrebung hinderlich, Meyer und ich wir haben ihn hier erst bekannt gemacht.

Ich schreibe, wetterschläfrig wie ich bin, schlecht und eilig; vor Mitte Juli soll Alles fixirt sein, damit die Alpentouristen für das neue Unternehmen Propaganda machen können.

Geben Sie rasch einige Winke und Warnungen

Ihrem ergebenen Freunde

HSchuchardt

Faksimiles: Die Verwendung dieses Exemplars im „Hugo Schuchardt Archiv” wurde von der Archivdatenbank des Goethe- und Schiller-Archivs gestattet. (Sig. S.281)