Reinhold Köhler an Hugo Schuchardt (124-05713)

von Reinhold Köhler

an Hugo Schuchardt

Weimar

30. 12. 1876

language Deutsch

Schlagwörter: Märchenlanguage Russischlanguage Walisisch Bologna Graz

Zitiervorschlag: Reinhold Köhler an Hugo Schuchardt (124-05713). Weimar, 30. 12. 1876. Hrsg. von Frank-Rutger Hausmann (2019). In: Bernhard Hurch (Hrsg.): Hugo Schuchardt Archiv. Online unter https://gams.uni-graz.at/o:hsa.letter.6774, abgerufen am 28. 03. 2024. Handle: hdl.handle.net/11471/518.10.1.6774.


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[Weimar, 30.12.1876]

Lieber Freund!

Obwol Sie in Ihrem Brief, dessen Datum ich nicht mehr gewiss weiß, da er wunderbarer Weise von mir verlegt und noch nicht wieder gefunden wurde, schrieben, daß seine Beantwortung durchaus keine Eile habe, so wird sie nun doch wol an der Zeit sein.

Ich weiß Sie für Boccaccio nur auf folgendes aufmerksam zu machen:

Novelle ad uso di giovani scelte dal Dec. di GB. iIllustrate col disc. preliminare e con opportuni studi grammaticali e rettorici dal profess. R. Fornaciari. Milano, A. Bottoni 1870. Preis: L. 2,50.1

Obwohl für die Jugend bestimmt, enthalten die Anmerk., wie mir scheint, doch manches, auch dem Gelehrten Schätzbare.

|2| Fel. Tribolati, Diporti letterari sul Dec. del B., Pisa, Nistri 1873. Preis: 4 Lire

Nicht streng gelehrt, aber geistreich u. interessant. Zehn Novellen werden besprochen.

A. Bartoli, I Precursori del B. e alcune delle sue fonti. Firenze, G. C. Sansoni, 1876. Preis: L.1,50.

Dies wertvolle Schriftchen gedenke ich irgendwo anzuzeigen; desgleichen die mir vom Herausgeber zugeschickten

Ioannis Boccaccii ad Maghinardum de Cavalcantibus Epistolae tres. S. Petersb. 1876.

Diese interessanten Briefe hat A. Wesselofsky mit einer 9 S. langen – leider russischen – Einleitung, in der ich bisher nur die Citate verstanden habe, herausgegeben. Ich muß die Einleitung mir von einem Bekannten hier dolmetschen lassen.

|3| Daß die Bibliografia Boccaccesca von A. Bacchi della Lega, die im Propugnatore zuerst herauskam, auch besonders erschienen ist – Bologna, Romagnoli 1875. Preis: 5 Lire –, wird Ihnen bekannt sein.

Eine Übersetzung der kymrischen Vision ist mir nicht bekannt und wird wol kaum existieren.2

Besten Dank für Ihre Karte vom 7. dieses Monats!

Aber Charles Deulin’sContes du roi Gambrinus und Contes d’un buveur de bière habe ich mir bereits im vorigen Jahr angeschafft. Ich wünschte nur, die Märchen wären ganz treu, wie sie im Volk selbst erzählt werden, wiedergegeben.

„Le Chevalier au Cygne“ steht weder in den C. du roi G., noch in den C. d’un buveur de bière.

Auch W. Carleton’s Traits and Stories of the Irish Peasantry kenne ich schon seit langem, u. habe insbesondere „die drei Aufgaben“ im Orient u. Occid. II, 107 benutzt. Ich muß aber das Buch demnächst einmal wieder durchgehen.

|4| Denken Sie auch ferner, wenn Ihnen Märchen vorkommen, an mich. Es entgeht einem nur zu leicht Manches!

Ich freue mich, daß es Ihnen in Graz gut gefällt. Vielleicht besuche ich Sie einmal. Seitdem mein Freund Demelius, den ich bestens zu grüßen bitte, in Graz ist,3 hatte ich immer vorgehabt, ihn einmal zu besuchen. Vielleicht führe ich es einmal aus.

Mit herzl. Grüßen u. den besten Wünschen für 1877

Ihr

Reinhold Köhler

Weimar,

30. Dec. 1876.


1 In den öffentlichen Bibliotheken findet sich meist die im Titel leicht veränderte Ausg. Florenz: Sansoni, 1888.

2 Max Förster, „Das älteste kymrische Traumbuch (um 1350)“, Zeitschrift für celtische Philologie 13, 1921, 55-92.

3 Vgl. PK 05712.

Faksimiles: Universitätsbibliothek Graz Abteilung für Sondersammlungen, Creative commons CC BY-NC https://creativecommons.org/licenses/by-nc/4.0/ (Sig. 05713)