Theodor Gartner an Hugo Schuchardt (109-03456)
von Theodor Gartner
an Hugo Schuchardt
05. 03. 1897
Deutsch
Schlagwörter: Wortbildung
Zitiervorschlag: Theodor Gartner an Hugo Schuchardt (109-03456). Tschernowitz, 05. 03. 1897. Hrsg. von Frank-Rutger Hausmann (2018). In: Bernhard Hurch (Hrsg.): Hugo Schuchardt Archiv. Online unter https://gams.uni-graz.at/o:hsa.letter.6612, abgerufen am 07. 12. 2023. Handle: hdl.handle.net/11471/518.10.1.6612.
Verehrter Freund, herzlichen Dank!
Ihre Ragusaer, Bergamoer und Astier stören meine Kreise nicht. Wenn die Deutschen nicht die lautlich besser deutschen Formen Raguser, Bergamer gebildet haben – und mir ist davon nichts bekannt – so bleibt uns nichts anderes übrig, als die lautlich undeutschen Formen auf -aer, -oer zu gebrauchen, oder die der deutschen Wortbildung fremden Formen auf -aner, -asken aufzunehmen, oder „die Einwohner von R., B.“ zu sagen. Astier schließt sich sogar ganz gut an Armenier, Nubier u.a. an. Das -a von Bukowina aber haben die Deutschen vor 100 Jahren sofort als Feminin-Endung erkannt, u. daher sagten sie und sagen noch Bukowiner; Bukowinaer ist nur eine alberne Schreibung. Ad vocem Nubier: mein kleiner Bukowiner säuft mit Kraft wie im Walfisch zu Askalon.1 Wir gewöhnen ihn daher gleich an solide Krügel.
Ihr treuer
Gartner
1 Altes Kommers-Lied: „Im Schwarzen Walfisch zu Askalon da trank ein Mann drei Tag‘, bis daß er steif wie’n Besenstiel am Marmortische lag“ etc.