Robert Oppenheim an Hugo Schuchardt (04-08393)

von Robert Oppenheim

an Hugo Schuchardt

Berlin

12. 04. 1877

language Deutsch

Schlagwörter: Verlag Robert Oppenheim

Zitiervorschlag: Robert Oppenheim an Hugo Schuchardt (04-08393). Berlin, 12. 04. 1877. Hrsg. von Frank-Rutger Hausmann (2018). In: Bernhard Hurch (Hrsg.): Hugo Schuchardt Archiv. Online unter https://gams.uni-graz.at/o:hsa.letter.6399, abgerufen am 16. 07. 2025. Handle: hdl.handle.net/11471/518.10.1.6399.


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Robert Oppenheim, Verlagsbuchhandlung
6, Karlsbad 6.
Berlin W., den 12. April 1877

Sehr geehrter Herr!

In Ihrer geehrten Zuschrift vom 11/III machten Sie mir unter andern schätzenswerthen Mittheilungen auch die, daß Einer Ihrer Bekannten1 mit der Ausarbeitung einer umfassenden Gesch. der Italien. Litteratur beschäftigt sei, aber, soviel Ihnen bekannt, noch mit keinem Verlage abgeschlossen habe.

Da nun, wie Sie aus Nebenstehendem ersehen, mein Unternehmen mehr und mehr aus dem Entwicklungsstadium heraustritt, so wäre es mir sehr angenehm, auch baldigst eine italien. Litteraturgeschichte den schon in Ausarbeitung befindlichen anreihen zu können und möchte ich Sie deshalb bitten, mir – falls der betr. Herr auch jetzt noch nicht abgeschlossen hat – seine Adresse gefl. anzugeben, damit ich mich direct an ihn wenden, und, falls seine Arbeit in den Rahmen meines Unternehmens paßt, ihn für dasselbe gewinnen kann. – Sie sagten mir s. Z. dahingehend Auskunft zu. –

Es wäre mir sehr angenehm, auf diese Weise einen von Ihnen empfohlenen, also jedenfalls tüchtigen Mitarbeiter für einen bedeutenden Theil meines Unternehmens zu erhalten, |2| und glaube ich, daß es auch dem Autor angenehm sein wird, auf diese Weise einer Concurrenz zu entgehen, da ich in meiner Gesch. d. Litteratur der Europäischen Völker jedenfalls auch eine italienische Litteraturgeschichte bringen werde.

Für meine Kühnheit, Ihre Freundlichkeit so oft in Anspruch zu nehmen, um Verzeihung bittend, sage ich Ihnen für gefl. Antwort im Voraus besten Dank und zeichne

Hochachtungsvoll

ganz ergebenst

Robert Oppenheim2

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Verlagsbuchhandlung von Robert Oppenheim in Berlin3

Soeben erschien: (gestrichen und ersetzt durch hs. demnächst erscheint)

Geschichte der Litteratur

der

Europäischen Völker.

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I.  Abtheilung

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Geschichte der englischen Litteratur

von

Bernhard ten Brink

Professor an der Universität Straßburg

Erster Band. Bis zu Wiclif’s Auftreten.

30 Bogen. gr. 8°. Preis: M.

Dieses von der Verlagsbuchhandlung in’s Leben gerufene Unternehmen, dessen erster Band hiermit der Oeffentlichkeit übergeben wird, soll das Verständniß für die geschichtliche Entwicklung der Litteratur sowohl zu fördern, als auch in weiteren Kreisen des gebildeten Deutschlands zu verbreiten suchen. Den Inhalt anlangend, werden die früheren wie die späteren Perioden der Litteratur-Entwicklung hier gleichmäßige Berücksichtigung finden. Auf die Geschichte der litterarischen Formen soll nicht weniger Gewicht gelegt werden, als auf die der Stoffe; und die zum litterarischen Ausdruck gelangenden Ideen sollen im Zusammenhange mit den allgemeinen Culturtendenzen der verschiedenen Epochen und Gesellschaftssphären erörtert werden. Auf diese Weise  wird dann die Geschichte der Litteratur, auch gleichzeitig eine Geschichte der Cultur des betreffenden Volkes sein, dem Leser einen stets gleichmäßigen Ueberblick über beide Gebiete ermöglichend. Der litterargeschichtliche Werth des Werkes wird noch erhöht durch Anführung zahlreicher Stellen – theils in gebundener, theils in ungebundener Form – aus Uebersetzungen solcher Dichterwerke, deren Kenntniß bisher in weiten Kreisen noch nicht verbreitet ist.

Der Geschichte der Englischen Litteratur wird sich in erster Linie die der Dänischen von Adolf Strodtmann4 in Berlin anschließen; fernere Bände befinden sich in Vorbereitung.

Die Verlagsbuchhandlung, der bereits von vielen Seiten Beweise des lebhaftesten Interesses für das Unternehmen zugegangen sind, hofft durch allseitige Unterstützung in den Stand gesetzt zu werden, dasselbe bald zu einem gedeihlichen Ende entgegen zu führen. –


1 Gustav Körting, vgl. Brief 08393. Von ihm sind elf Briefe aus den Jahren 1879 bis 1900 erhalten (HSA, 05739-05749). Ob Schuchardt ihn persönlich kannte, läßt sich nicht belegen. Da Körting 1867 in Leipzig promoviert hatte und dann dort eine Zeitlang im Schuldienst tätig war, ist eine persönliche Bekanntschaft nicht ausgeschlossen.

2 Der Verleger unterschreibt, anders als sonst, wo sein Prokurist zeichnet, den diktierten Brief persönlich.

3 Text in Fraktur.

4 Adolf Strodtmann (1829-1879), deutscher Dichter, Schriftsteller und Übersetzer, ging nach der Revolution von 1848, an der er aktiv teilgenommen hatte, ins Exil und kehrte erst 1856 nach Deutschland zurück. Sein früher Tod, eine Woche vor seinem 50. Geburtstag, dürfte die Fertigstellung oder gar die Inangriffnahme der dänischen Literaturgeschichte verhindert haben.

Faksimiles: Universitätsbibliothek Graz Abteilung für Sondersammlungen, Creative commons CC BY-NC https://creativecommons.org/licenses/by-nc/4.0/ (Sig. 08393)