Jacob Schipper an Hugo Schuchardt (001-10053)

von Jacob Schipper

an Hugo Schuchardt

Königsberg in Preußen

11. 07. 1876

language Deutsch

Schlagwörter: Universität Marburg

Zitiervorschlag: Jacob Schipper an Hugo Schuchardt (001-10053). Königsberg in Preußen, 11. 07. 1876. Hrsg. von Frank-Rutger Hausmann (2018). In: Bernhard Hurch (Hrsg.): Hugo Schuchardt Archiv. Online unter https://gams.uni-graz.at/o:hsa.letter.6338, abgerufen am 28. 03. 2024. Handle: hdl.handle.net/11471/518.10.1.6338.


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Königsberg i. Pr. 11.VII.76.
Theaterplatz 5.

Geehrter Herr College,

Vor einigen Tagen ersah ich aus der Nationalzeitung Ihre Berufung nach Graz. Indem ich Ihnen zunächst meinen herzlichsten Glückwunsch dazu ausspreche, erlaube ich mir, Sie in Rücksicht auf eine auch mir bevorstehende Versetzung an eine österreichische Universität um eine Gefälligkeit zu ersuchen. Vielleicht haben Sie schon erfahren, daß Prof. Zupitza1 in Wien einen Ruf nach Berlin angenommen hat. Als Zupitza’s Nachfolger bin ich in diesen Tagen, wie er mir schrieb unico loco vorgeschlagen worden nachdem ten Brink2 abgelehnt hatte. Ich kann daher wohl mit Sicherheit annehmen, in kürzester Frist die officielle Anfrage vom Ministerium zu erhalten. |2| Es würde mir aus diesem Grunde von großem Interesse sein, zu erfahren, unter welchen Bedingungen d. h. namentlich mit einem wie hohen Gehalt Sie den Ruf nach Graz angenommen haben. Zupitza hat einen für das theure Pflaster der österreichischen Kaiserstadt nicht sehr hohen Gehalt bezogen, nämlich im Ganzen 3600 fl3 als Professor und Leiter des anglistischen Seminars. Das Ministerium scheint nicht geneigt zu sein, viel mehr zu bewilligen. Durch gütige Beantwortung meiner Frage, die Sie unter diesen Umständen hoffentlich nicht als eine Indiscretion auffassen werden, würden Sie mich zu großem Dank verpflichten, da ich auf diese Weise einen sehr |3| werthvollen Anhalt gewinnen würde für meine Unterhandlungen mit dem österreichischen Ministerium. Im Übrigen hoffe ich keine Fehlbitte zu thun, wenn ich Sie ersuche, die ganze Angelegenheit vorläufig noch geheim zu halten bis die Entscheidung erfolgt ist. Sollte sich meine Berufung nach Wien verwirklichen, so wird sich hoffentlich bald Gelegenheit finden, unsere flüchtige Bekanntschaft, die, wie Sie sich vielleicht gar nicht erinnern, aus Rom (1868/69) datiert,4 wieder aufzufrischen.

Ihrer gefl. wo möglich umgehenden Antwort entgegensehend bin ich mit aller Hochachtung
Ihr

Ganz ergebener

JSchipper


1 Julius Zupitza (1844-1895), obwohl kein ausgebildeter Anglist, wurde am 1.4.1872 Wiener Extraordinarius für nordgermanische Sprachen, 1876 dann in Berlin erster Ordinarius für englische Sprache und Literatur.

2 Bernhard (Barend / Bernhard) ten Brink (1841-1892), 1866 in Münster habilitiert, 1869 nach Marburg für neuere Sprachen berufen, wurde er am 1.4.1873 erster Straßburger Ordinarius für englische Philologie.

3 Gulden.

4 Schuchardt hielt sich mehr als ein Jahr von März 1868 bis ins Frühjahr 1869 in Rom und Aiccia bei Rom auf.

Faksimiles: Universitätsbibliothek Graz Abteilung für Sondersammlungen, Creative commons CC BY-NC https://creativecommons.org/licenses/by-nc/4.0/ (Sig. 10053)