Christian Schneller an Hugo Schuchardt (03-10140)

von Christian Schneller

an Hugo Schuchardt

Innsbruck

18. 07. 1897

language Deutsch

Zitiervorschlag: Christian Schneller an Hugo Schuchardt (03-10140). Innsbruck, 18. 07. 1897. Hrsg. von Frank-Rutger Hausmann (2018). In: Bernhard Hurch (Hrsg.): Hugo Schuchardt Archiv. Online unter https://gams.uni-graz.at/o:hsa.letter.6337, abgerufen am 28. 03. 2024. Handle: hdl.handle.net/11471/518.10.1.6337.


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Innsbruck 10. Juli 18971

Hochgeehrter Herr Professor!

Selbstverständlich zwar an mir selbst nicht eben liebenswürdig,2 aber willigst zu Gefälligkeit bereit beehre ich mich auf beiligendem Blatte aus meinen „Tirolischen Namensforschungen“ eine Stelle mitzutheilen, 3 wo der Name Torbole4 näher erwähnt wird, und Ihnen zur Verfügung zu stellen. Ich habe bisher keinen Grund gehabt, meine Ansicht zu ändern, würde mich aber nur freuen, wenn Sie etwas Richtigeres zu Tage förderten.

Diese „Tirolischen Namensforschungen“5 haben mich – neben den vielen Amtsgeschäften – unsägliche undankbare Mühe gekostet. Der Lohn dafür kein Kreuzer Honorar, nur eine beschränkte längst erschöpfte Anzahl von Freiexemplaren, so daß ich mir das Buch, wenn ich etwa dann und wann ein Exemplar benöthige, selbst kaufen muß. Aber seit 1. Mai d. Js. bin ich Freiherr geworden, ich bin nämlich in den wohlverdienten Ruhestand getreten und habe alle Amtsarbeiten glücklich abgeschüttelt, so wie sich ungefähr ein Pudel |2| schüttelt, wenn er „das Aportel“6 triefend aus dem Wasser bringt.

Es würde mich sehr freuen, Ihnen wieder einmal in Innsbruck zu begegnen; doch heuer werde ich mich von Ende Juli an im August in Reutte im Lechthale, meiner Heimat, herumtreiben und später zur Weinlese nach Rovereto, der Heimat meiner Frau, gehen, wo auch mein Sohn Friedrich eben zum wirklichen Gymnasiallehrer ernannt worden ist.7

Doch entschuldigen Sie gütigst meine Schreibseligkeit! Stets zu Gefälligkeit bereit in vollster Hochachtung

Ergebenster

Chr. Schneller


1 Die langen Intervalle zwischen den einzelnen Briefen sind auffällig; vermutlich sind nicht alle Schreiben erhalten.

2 Wohl Selbstkritik als Höflichkeitsgeste dem berühmten Forscher gegenüber gemeint?

3 Nicht erhalten.

4 Ortschaft am Gardasee. – Vgl. Schuchardt, Romanische Etymologien II, Wien: In Commission bei Carl Gerold’s Sohn, 1899 (SB d. Kais. Ak. d. Wiss. in Wien, Phil.-Hist. Cl., 141), S. 181: Schuchardt weist Schnellers Etymologie von torbole zurück: „Chr. Schneller Tirol. Namensforschungen S. 23f. denkt an turba im Sinne von ,Dorf‘, wofür man Analogieen wünschte“.

5 Schneller, Tirolische Namensforschungen: Orts- und Personen-Namen des Lagerthales in Südtirol; mit einem Anhang und einer Kartenskizze, Innsbruck: Wagner, 1890.

6 Aportel, auch Apportel; kynegetischer Begriff: das zu Apportierende (meist Wild).

7 Dieser Sohn publizierte landesgeschichtlich Arbeiten und deponierte den Nachlass seines Vaters im Tiroler Landesmuseum Ferdinandeum in Innsbruck: „Herr Friedrich Schneller überließ dem Museum aus dem Nachlass seines Vaters Christian Schneller zirka 100 Werke sprachwissenschaftlichen Inhaltes, welche die romanistische Abteilung der Bibliothek des Ferdinandeums in willkommener Weise ergänzt“ ( 1910-01-04).

Faksimiles: Universitätsbibliothek Graz Abteilung für Sondersammlungen, Creative commons CC BY-NC https://creativecommons.org/licenses/by-nc/4.0/ (Sig. 10140)