Nikolaus Trübner an Hugo Schuchardt (2-11885)

von Nikolaus Trübner

an Hugo Schuchardt

London

22. 03. 1882

language Deutsch

Schlagwörter: Universitätsbibliothek Graz Literaturbeschaffung Sprachen auf Sri Lanka/Ceylon Kreolsprachen Publikationsvorhaben Publikationsversand British Museum (London) Pennsylvania Dutchlanguage Portugiesischbasierte Kreolsprache (Sri Lanka/Ceylon)language Rumänisch

Zitiervorschlag: Nikolaus Trübner an Hugo Schuchardt (2-11885). London, 22. 03. 1882. Hrsg. von Frank-Rutger Hausmann (2018). In: Bernhard Hurch (Hrsg.): Hugo Schuchardt Archiv. Online unter https://gams.uni-graz.at/o:hsa.letter.6297, abgerufen am 29. 03. 2024. Handle: hdl.handle.net/11471/518.10.1.6297.


|1|

TRÜBNER & CO. PUBLISHERS AND LIBRARY AGENTS  57, & 59, Ludgate Hill

London E. C.  March 22 1882

Geehrtester Herr

Die Nummern des „Record“1 wurden vor einigen Wochen an Herrn Karl Trübner in Strassburg, der der Agent der Grazer Universitäts-Bibliothek zu sein scheint, abgeschickt. Leider sind einige Nummern ganz vergriffen. – Ich sehe der Liste der sich in Ihrem Besitz befindlichen |2| Kreolischen Literatur mit Interesse entgegen und werde Ihnen rapportiren, was mir bekannt ist und sich noch nicht in Ihrem Besitz befindet.

Ich glaube, Sie sollten das Indo-Portugiesisch von der Insel Ceylon in Ihren Rahmen hineinnehmen, mir sind vier Bücher über dasselbe bekannt, welche aber sämmtlich sehr selten sind. Soweit mir bekannt ist, besitzt der |3| Prinz Lucien Bonaparte2 eine sehr vollständige Sammlung der Kreolischen Literatur; können Sie sich nicht mit diesem in Verbindung setzen?

Was nun Ihr Buch über die Kreolischen Sprachen angeht, so kann ich nicht entscheiden, ehe ich nicht Genaues von Ihnen über Plan, Umfang etc. erfahren habe.3 Um in meinen Verlag zu passen, müsste das Werk natürlich englisch geschrieben sein. Wie interessant das |3| Werk aber auch sein mag für Linguisten, so bezweifle ich doch den commerciellen Erfolg. Die sprachlichen Phaenomene, die sich aus diesen Mischsprachen werden ableiten lassen, sind doch wohl nur von Interesse für eine Minorität der Sprachforscher. Ich druckte vor mehreren Jahren ein ganz interessantes Werkchen über das Pennsylvanische Deutsch4 und habe davon im Ganzen kaum 30 Expl. verkauft.

Ich sende Ihnen mit dieser Post den ersten Band einer |4| Serie von Grammatiken. Würden Sie die Abfassung einiger übernehmen können? Die Bearbeitung der baltischen Gebiete hat ein Herr Jenner vom British Museum übernommen,5 könnten Sie mir in Bezug auf Rumänisch helfen?6 Oder mir Jemanden empfehlen? Ich brauche aber nicht mehr als 60 bis 30 Seiten.

Ihr

ganz ergebener

N. Trübner
Herrn Prof.
Hugo Schuchardt
Graz


1 Siehe Brief 1-11884.

2 Louis Lucien Bonaparte (1813-1891), Sprachwissenschaftler; vgl. Schuchardts Briefe 01201-10211.

3 Bei Nikolaus Trübner wurde, soweit ersichtlich, kein entsprechender Titel veröffentlicht.

4 Samuel Stehman Haldeman, Pennsylvania Dutch: a dialect of South German with an infusion of English , London: Trübner, 1872. – Haldeman (1812-1880) stammte aus Locust Grove in Penns., betrieb mit seinen Brüdern eine Eisengießerei, hatte aber auch sprachwissenschaftliche Interessen und wurde 1869 Prof. für Vgl. Sprachwissenschaft an der University of Pennsylvania.

5 Henry Jenner (1848-1934) stammte aus Cornwall und war Spezialist für Inselkeltisch (Kornisch). 1871 war er in das Department of Ancient Manuscripts des British Museum eingetreten. Baltistische Arbeiten aus seiner Feder sind nicht nachgewiesen.

6 Kein entsprechender Nachweis; vgl. aber Brief 3-11886 u. bes. 5-11888. Dort wird eine rumänische Grammatik von R. Torceanu nachgewiesen. Vermutlich handelt sich bei dem Verf. um Jon Ricard Torceanu (1855-?) aus Bakau in Rumänien, der 1900 in Erlangen philosophisch promovierte. In seinem Lebenslauf gibt er an, dass er längere Zeit in England gelebt habe.

Faksimiles: Universitätsbibliothek Graz Abteilung für Sondersammlungen, Creative commons CC BY-NC https://creativecommons.org/licenses/by-nc/4.0/ (Sig. 11885)