Hugo Schuchardt an Emilio Teza (40-ST24)

von Hugo Schuchardt

an Emilio Teza

Graz

24. 02. 1896

language Deutsch

Schlagwörter: Brosset, Marie-Felicité Brosset, Marie-Félicité (1834) Brosset, Marie-Félicité (1837) Brunet, Jacques-Charles (1880) Vallibus, Hieronymi de (1521)

Zitiervorschlag: Hugo Schuchardt an Emilio Teza (40-ST24). Graz, 24. 02. 1896. Hrsg. von Frank-Rutger Hausmann (2018). In: Bernhard Hurch (Hrsg.): Hugo Schuchardt Archiv. Online unter https://gams.uni-graz.at/o:hsa.letter.6233, abgerufen am 16. 04. 2024. Handle: hdl.handle.net/11471/518.10.1.6233.


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Graz 24 Febr. 96.

Theurer Freund und Mäzen,

Eine Nachschrift zu meinem gestrigen Brief und nicht in Gestalt einer Korrespondenzkarte; Sie sehen dass ich die Eigenheiten meiner Mäzene zu berücksichtigen weiss.1

Ich sehe dass Ihr Kapuziner zum grossen Theil doch aus Antoni’s Grammatik2 geschöpft hat; genau bestimmen wie viel vermag ich nicht, |2| denn fast dreihundert doppelspaltige Seiten in einem verzwickten, altväterischen, weitschweifigen Georgisch zu lesen, scheint mir eine Mühe, die keine entsprechende Entlohnung hat. Merkwürdig ist mir nur, dass Brosset3 sich nicht enger an Antoni anschliesst, nämlich in den Éléments; das andere Buch, L’art libéral habe ich nie gesehn – und deshalb möchte ich, da ich mir aus Tsagareli’s Angaben4 keine ganz deutliche Vorstellung davon zu machen im Stande bin, von Ihnen erfahren ob stofflich zwischen den beiden Grammatiken Brosset’s wirklich kein genauer Unterschied besteht. Eine ganz allgemeine Antwort genügt mir.

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Ich werde wahrscheinlich mich bemühen die von Ihnen notirte georgische Grammatik der Pariser Nationalbibliothek auf einige Zeit hierher zu bekommen.5

Die georgischen Mönche von Montauban sind nach Féri-Kéni in Constantinopel umgesiedelt.6 Der betreffende Drucker in Montauban theilt mir es mit, zugleich mit einer irgendwo abzudruckenden Anfrage: ob Jemand ein vollständiges Exemplar der Jesuiade von Hieronymus Vallensis Montauban 1521 (Brunet V, 1063)7 kenne.8 Da Sie ein |4| so großer Bücherkenner sind, habe ich Ihnen diese Frage kurzerhand mittheilen wollen.

Mit besten Grüßen

Ihr ergebener

H. Schuchardt


1 Vgl. Lfd.Nr. 11-11612 (Teza hielt nichts von Postkarten, sondern schrieb nur Briefe und wünschte sich solche auch als Antwort).

2 Katholikos Anṭoni I., hat 1753 eine georgische Grammatik vorgelegt, die 1767 erneut aufgelegt wurde.

3 Marie-Félicité Brosset (1802-1880), Begründer der georgischen Philologie an der Petersburger Universität und Verf. von zwei georgischen Grammatiken: L’Art libéral ou grammaire géorgienne, Paris 1834 bzw. Eléments de la langue géorgienne, Paris 1837 (1834; 1837).

4 Vgl. oben Brief 28-ST16.

5 Vgl. Schuchardts Brief 28-ST16 vom 30.10.1895.

6 In Feri-Keni lag auch der römisch-katholische Friedhof Konstantinopels.

7 Jacques-Charles Brunet, Manuel du libraire et de l’amateur des livres, vol. V, Paris 1864.

8 Hieronymi de Vallibus Jesuida, carmen de Christi passione, cum Joannis Coronei commentariis. - „Au fol. XXXVII v°: Meminerit lector editum hoc opus cusumque in Monte Albano Tarne fluvio, que ab Aquitanis sejungit, admodum conspicua urbe, anno post V. nestora partus virginei vigesimo primo ... – „Au fol. XXXVIII n. ch.“: Joannes Coroneus studiosis ... - Petri Cassanei de Rupe lectori ad operis commendationem Octostichon..., Mons Albanus 1521 (Ex. BN, Paris). Es gibt zahlreiche Ausgaben dieses Werks, das bereits als Inkunabel (Leipzig 1494) vorliegt (GW M49396).

Faksimiles: Biblioteca Nazionale Marciana - Fondo Teza (Sig. ST24)