Hugo Schuchardt an Emilio Teza (36-ST21)

von Hugo Schuchardt

an Emilio Teza

Gotha

23. 01. 1896

language Deutsch

Schlagwörter: language Georgisch Tiflis Schuchardt, Hugo (1897) Javakhishvili, Manana (2005) Schuchardt, Hugo (1896)

Zitiervorschlag: Hugo Schuchardt an Emilio Teza (36-ST21). Gotha, 23. 01. 1896. Hrsg. von Frank-Rutger Hausmann (2018). In: Bernhard Hurch (Hrsg.): Hugo Schuchardt Archiv. Online unter https://gams.uni-graz.at/o:hsa.letter.6229, abgerufen am 28. 03. 2024. Handle: hdl.handle.net/11471/518.10.1.6229.


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Gotha, Siebleberstr. 33
23 Jänner 96.

Theurer Freund,

Wenn ich mich nicht ganz täusche, erhielt ich von Ihnen im vorigen Monate einen Brief in welchem stand, ich könnte die Kapuzinergrammatik 4 Monate behalten.1 Ich würde von diesem gütigen Anerbieten keinen Gebrauch machen, wenn ich nicht |2| durch Unvorhergesehenes in meinen georgischen Studien unterbrochen worden wäre. – Ich trug mich in den Weihnachtstagen mit dem Gedanken eines Ausflugs nach dem Süden; insbesondere plante ich Sie in Ihrem voyage autour de votre chambre2 zu überraschen. Das Wetter schien mir zunächst nicht günstig; ich wartete, ich schwankte. Da berief mich ein Telegramm am Weihnachtsabend hierher, zu meiner schwererkrankten fast 81jährigen Mutter. Es scheint |3| nun dass sie auf dem Wege der Besserung ist,3 und ich hoffe bald wieder nach Graz zurückkehren und das Studium der Achalz-Gramm.4 und anderes beenden zu können. Ich werde sie Ihnen dann sofort zurücksenden. – In georgischen Bücherverzeichnissen fand ich auf dem Titel neuerer theologischer Schriften die Ortsangabe მონტობნა; ich schrieb nach Tiflis, was das bedeutete, ich kenne nur einen Ort dieses |4| Namens: Montauban. Ja, dort sei ein georgisches Kloster. In der Litteratur über die südfranzösische Stadt finde ich keine bezüglichen Angaben;5 die Mechitaristen6 in Wien wissen nichts davon, jetzt habe ich an den Dekan der prot.-theol. Fakultät in Montauban geschrieben,7 bestätigt sich die Nachricht, so gehe ich im Frühjahr vielleicht auf einige Wochen dorthin, um praktische Studien im Georgischen zu treiben. Man hatte mir auch von den Mechitaristen in S. Lazaro gesagt, dass sie georgische Bücher gedruckt hätten; das aber scheint auf einem Irrtum zu beruhen. Vielleicht wissen Sie Näheres darüber

თქვენი
ჰუღო შუჩარტSchuchardt setzt seinen Namen und die Grußformel t’k’veni („der Ihrige“) in georgischen Buchstaben unter den Brief.

In der Taufnamenfrage stehe ich unentwegt bei meiner Ansicht; habe aber einen langen Artikel zu der Magyar Nyelvör geschickt, als Erwiderung auf einen sehr zahmen Angriff.9


1 Vgl. die Briefe Schuchardts 28-ST16 (30.10.1895) und 30-ST17 (12.11.1895).

2 Leicht abgewandelter Buchtitel, vgl. Xavier de Maistre, Voyage autour de ma chambre.

3 Schuchardts Mutter Malvine (geb. am 27.5.1815 als Tochter des Gothaer Prinzenerziehers Samuel Elisee von Bridel-Brideri) erholte sich zwar wieder, verstarb jedoch am 15.6.1899 in Gotha an Herzlähmung.

4 Zu Einzelheiten Schuchardt, „Kharthwelische Sprachwissenschaft III“, Wiener Zeitschrift für die Kunde des Morgenlandes 11, 1897, 167-180.

5 Zu Einzelheiten vgl. Manana Javakhishvili „Le monastère catholique géorgien de Montauban (XIXe siècle)“, Revue de l‘histoire de l‘église de France 91, 2005, 91-105 (mit Aufarbeitung der älteren Literatur).

6 Kongregation armenisch-katholischer Geistlicher.

7 Charles Auguste Bruston (1838-1937), Prof. für Hebraistik in Montauban; vgl. HSA, Bibl.Nr. 01434; Schuchardt hatte zugleich an Émerand Forestié (1816-1900), Hrsg. des Courrier de Tarn-et-Garonne und Mitglied der Société archéologique de Tarn-et-Garonne, geschrieben, vgl. HSA, Bibl.Nr. 03107.

8 Schuchardt setzt seinen Namen und die Grußformel t’k’veni („der Ihrige“) in georgischen Buchstaben unter den Brief.

9 Schuchardt, „A keresztnevek ,fordítása‘”, Magyar Nyelvőr 25, 1895, 97-107 [Dt. „Die Übersetzung der Namen“].

Faksimiles: Biblioteca Nazionale Marciana - Fondo Teza (Sig. ST21)