Hugo Schuchardt an Georges Lacombe (446-247)

von Hugo Schuchardt

an Georges Lacombe

Graz

13. 12. 1922

language Deutsch

Schlagwörter: Euskaltzaindia - Real Academia de la Lengua Vasca - Académie de la Langue Basque Urquijo Ybarra, Julio de Azkue y Aberasturi, Resurrección María de Cohen, Marcel Dodgson, Edward Spencer Meillet, Antoine Spitzer, Leo Schuchardt, Hugo (1923) Schuchardt, Hugo (1917)

Zitiervorschlag: Hugo Schuchardt an Georges Lacombe (446-247). Graz, 13. 12. 1922. Hrsg. von Katrin Purgay (2017). In: Bernhard Hurch (Hrsg.): Hugo Schuchardt Archiv. Online unter https://gams.uni-graz.at/o:hsa.letter.6138, abgerufen am 04. 06. 2023. Handle: hdl.handle.net/11471/518.10.1.6138.


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Graz, 13 Dez. ’22

Lieber Freund

Ihren lieben Brief will ich sofort nach Empfang beantworten, obwohl (oder richtiger: weil) ich in der letzten Zeit mich sehr schwach und dumm fühle; wenn spät besser ist als nie, so ist mit noch mehr Recht zu sagen: sofort ist besser als nie.

Die H.-Sch.-Stiftung der Bask. Akad. hat mir |2| eine sehr große Freude bereitet um so mehr als ich an dergleichen nicht im Traume gedacht hatte. Ich danke Ihnen, wie ich Urquijo und Azkue – mit weniger Zeilen! – gedankt habe. (Grüßen Sie bei dieser Gelegenheit auch Marcel Cohen von mir) Vielleicht kann ich den ersten Betrag für den hiesigen Druck meiner Primitiae verwenden wenn nämlich…. das keine xPostumitiae werden. Doch ist das deshalb ganz ausgeschlossen, weil ich die Umarbeitung erst begonnen habe. Ich habe sie zurück|3|gestellt um einen kleinen (sprachphilos.) Aufsatz zu einem bestimmten Termin fertig zu bekommen. Aber da stockt die Maschine auch. Qui vivra verra.

Daß meine Briefe (bzw. Karten) an Dodgson das Licht erblickt haben (wenn auch nur vor den Augen weniger) hat mich mit sehr gemischten Gefühlen erfüllt. Viel Gescheites kann nicht darin stecken, gewiß in schlechtem Stil, vom Französischen als solchem gar nicht zu reden. Ein Vergnügen war es mir – vielleicht von der ersten Korrespondenz abgesehen – nicht mit D. mich zu unterhalten. Vielleicht komme ich, |4| wenn ich noch mehr abruti bin als jetzt, einmal dazu D.s Briefe an mich durchzusehen, und werde dann Ihnen mitteilen was etwa Interessantes sich darin findet. Das Fräulein, das ich mit „Frau“ betitelte, schrieb mir, so viel ich mich entsinne, zuerst und bat sich Ihre Briefe zurück; sie war D.s Gouvernante gewesen.

Meillets zwei Anzeigen des Breviers kenne ich. Inwiefern es dangereux serait de m’inciter, darüber haben wir, Spitzer und ich uns den Kopf zerbrochen. Meillet äußert sich überall sehr leibenswürdig über mich, was ich um so mehr anerkenne als unsere Anschauungen etwas auseinander liegen, |5| was sich besonders betreff der Sprachverwandtschaft ergeben hat. Die Sache erklärt sich aber sehr einfach daraus daß wir von ganz verschiedenen Seiten herkommen. oder, anders gesagt, auf verschiedenen Standpunkten stehen. Der meinige ist genetisch. – Auch Ihnen bin ich für den Artikel im Bull. sehr verbunden. Wie ich auf dakib statt daki gekommen bin, ahne ich nicht. (an Druckfehlern habe ich noch wahrgenommen S. 15 m Inehauspe und 30,8ada für eta).

atheraia: Ja, was ist nun Ihre Ansicht über dieses -aia? Um mich die Sache besser erkennen zu lassen, müßten mir minberaia usw. in ihrem Zusammenhang vorgestellt werden. Warum erscheint Ihre Arbeit über das Bask. der Aldudes nicht ? Ich möchte lieber fragen: wann erscheint sie?

Südhochnav. arecho ist doch sicherlich aus dem span. helecho entlehnt (wenn auch das a- noch zu deuten wäre). Eine kleine Stütze für meine Deutung von iretze! |6|

[Zeichnung] Die Swastika an den vier Ecken von Gure Herria hat mich überrascht. Wissen Sie daß es – warum, und seit wann, ist auch mir unbekannt – das Zeichen der deutschen Antisemiten ist? Vor kurzem erhielt ich Photographien von iberischen Steinen in Katalonien, auf denen sich ebenfalls die Swastika findet.

An Urquijo schickte ich zugleich mit meinem Dank einen kleinen Artikel über oder vielmehr zu bazk [sic] luki Fuchs (~ λύκοι Wolf). Nicht sowohl eine Etymologie, sondern Anregung zu solchen. Ich kann auf diesem Gebiete nicht mehr selbständig arbeiten. Gehirn, Augen, Muskeln versagen; neulich bin ich fast von einer Bücherleiter herabgestürzt.

Mit herzlichem Gruß

Ihr erg

H. Schuchardt

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