Hugo Schuchardt an Georges Lacombe (441-244)

von Hugo Schuchardt

an Georges Lacombe

Graz

08. 10. 1922

language Deutsch

Schlagwörter: Atlas linguistique de la France Urquijo Ybarra, Julio de Uhlenbeck, Christian Cornelius Urtel, Hermann Meyer-Lübke, Wilhelm Marr, Nikolaj Jakovlevič Braun, Friedrich Schuchardt, Hugo (1922)

Zitiervorschlag: Hugo Schuchardt an Georges Lacombe (441-244). Graz, 08. 10. 1922. Hrsg. von Katrin Purgay (2017). In: Bernhard Hurch (Hrsg.): Hugo Schuchardt Archiv. Online unter https://gams.uni-graz.at/o:hsa.letter.6133, abgerufen am 18. 04. 2024. Handle: hdl.handle.net/11471/518.10.1.6133.


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Graz 8 Okt. ’22

Lieber Freund,

Ich danke Ihnen herzlich für das große Paket von Zeitungen, das mir vor zwei Tagen zugekommen ist, sowie für die zahlreichen vorhergegangenen brieflichen Mitteilungen. Ich bin mir bewußt, sehr in Ihrer Briefschuld zu stehen, kann aber nicht feststellen, inwieweit dies der Fall ist. Auf einen sehr schönen, aber auch sehr heißen Sommer ist mit Beginn des September ein trübes, feuchtes, kühles Wetter gefolgt, das mich auch zum Brief|2|schreiben fast unfähig macht. Der bleierne Himmel über mir läßt eine Änderung für die nächste Zeit nicht hoffen. – Auch in Guernica scheint das Wetter ziemlich schlecht gewesen, sonst aber alles gut und glatt verlaufen zu sein – abgesehen von einem politischen Zwischenfall (am 17.?), den selbst nicht, wohl aber dessen Folgen (die barbarische Abführung der Schuldigen von Guernica nach Bilbao) ich in den mir von Ihnen und Urquijo geschickten Zeitungen berichtet finde. – Was sind nun, im wissenschaftlichen Interesse, die Ergebnisse des Kongresses? Ich sehe nur eines, ein negatives: die sanfte Ablehnung des Atlas. Und dieses |3| Unternehmen ist doch meines Erachtens das am raschesten ausführbare und das wichtigste, auch als Bindeglied mit dem wissenschaftlichen Ausland. Ich verweise nur auf die Wirkungen des franz. Sprachatlas. Ich bedauere daß Uhlenbeck und Urtel keine Gelegenheit gehabt oder genommen haben sich für die Sache einzusetzen. Auch an Urquijo habe ich in gleichem Sinne geschrieben und empfohlen doch wenigstens ein paar Probekarten in die Welt zu senden. Es tut mir nun leid daß in meinem Sara ich einige entworfene Kärtchen gestrichen habe, indem ich meinte der geplante Atlas wäre jetzt in guten Händen.

Wegen huetza tun Sie nur ganz so wie es Ihnen gefällt.

Meyer-Lübkes etymologische Aus|4|führungen werden mir schwerlich Anlaß zur Polemik geben. Gern hätte ich mich mit N. Marr auseinandergesetzt; aber weder er selbst, noch sein Mitarbeiter Fr. Braun haben etwas von sich hören lassen.

Daß Ihnen Urtel einen guten Eindruck gemacht hat, freut mich; er ist ein guter Beobachter und hat das in den Gefangenenlagern bewiesen. Wie aber wird er eine andere Gelegenheit zu Beobachtungen finden? Kräftig und ausdauernd ist er, immerhin ist er schon 50 Jahre alt und sehr in Anspruch genommen, sodaß er dem Baskischen nur einen gewissen Teil seiner Arbeitszeit wird widmen können. Hat er mit Ihnen vielleicht schon über |5| bestimmte Aufgaben gesprochen die er sich gesetzt hat?

Ich hoffe die Kur von Vichy ist Ihnen gut bekommen. Etwas hypochonder dürften Sie nach meiner Vermutung und Erfahrung sein; sursum Corda!

Mit nochmaligem Dank für alle Liebenswürdigkeiten, die Sie mir in Wort und Tat erwiesen haben, grüße ich Sie herzlichst

Ihr

H. Schuchardt

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