Gustav Gröber an Hugo Schuchardt (143-04142)

von Gustav Gröber

an Hugo Schuchardt

Straßburg

27. 06. 1909

language Deutsch

Schlagwörter: Universität Bonn Schneegans, Heinrich Hausmann, Frank-Rutger (2016) Schuchardt, Hugo (1909) [o. A.] (1910) Bonaparte, Louis-Lucien (1909)

Zitiervorschlag: Gustav Gröber an Hugo Schuchardt (143-04142). Straßburg, 27. 06. 1909. Hrsg. von Frank-Rutger Hausmann (2017). In: Bernhard Hurch (Hrsg.): Hugo Schuchardt Archiv. Online unter https://gams.uni-graz.at/o:hsa.letter.5960, abgerufen am 02. 10. 2023. Handle: hdl.handle.net/11471/518.10.1.5960.


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[Poststempel: STRASSBURG (ELS.) 27-6-09]|2|Str. i/E. Rupr. 27./6.09.

Lieber Freund.

Die Nachricht über meinen Rücktritt vom Amte ist richtig;1 der noch immer andauernde Schlafmangel, durch den mir namentlich die Vorlesungstätigkeit erschwert wird, obgleich ich vor 145 Zuhörern dociere, macht ihn mir zur Pflicht, da ich nicht weiß wann das körperliche Befinden mich zum Abbruch meiner Amtstätigkeit nötigen würde. Schneegans,2 den wir als Elsässer wünschten, bekommen wir leider nicht; er hat sich der preußischen Regierung verpflichtet. Meine Redactionsgeschäfte, Zeitschrift, Beihefte, Bibliotheca romanica, setze ich fort; gern würde ich noch in den laufenden Band der Ztschr. Ihren Artikel über écope etc.3 aufnehmen. – Mein Sohn (Geolog)4 ist Mitte April, nach 1 ¼ Jahren Expedition im Tien-schau-Gebirge, aus Mittelasien, mit geologischem Material, von dem ein Teil dem münchener geologischen Institut, ein Teil dem hiesigen übergeben ist, beladen, und mit allerlei Culturprodukten von Kirgisen, Parsen und Chinesen versehen, wohlbehalten zurück gekehrt , nachdem er bis Urumschi (90. Längengrad, 9000 km von hier) vorgedrungen ist, und beim Pamir auch ein Gebiet geographisch aufgenommen hat, das auf den Karten (auch russischen) noch einen weißen Fleck bildet. Er hatte auch im Winter (bei c. 50° Celsius zu gewissen Zeiten) zu reisen und hat sich lange Zeit in der Höhe von 3500 Metern zu bewegen gehabt, 4 ½ Monat in dieser Zeit angewiesen, im Zelt und Schafs- oder Kamelpelz, zu übernachten. Arbeiten über die Ergebnisse seiner Reise in geologischer, paläontologischer und geographischer Beziehung sind bereits begonnen. – An der Grazer Philologenversammlung5 werde ich wohl nicht teilnehmen können, da ich des Schlafes wegen auf ärztlichen Rat eine bestimmte Ernährungsweise anwenden soll, die freilich bis jetzt merklich nichts geändert hat.

Mit herzl. Gruß

Ihr

GGröber.

Besten Dank für die Briefe des Prinzen C. L. Bonaparte.6


1 Gröber, am 4.5.1844 geboren, wurde demnach mit 65 Jahren zum SS 1909 pensioniert, d.h. drei Jahre vor dem offiziellen Emeritierungsalter.Zu den Einzelheiten seines Abschieds vgl. Lfd.Nr. 145-04144.

2 Heinrich Schneegans (1863-1914), 1892 von Gröber habilitiert, war 1909 von Würzburg als Nachfolger Wendelin Försters nach Bonn gewechselt. Zu Einzelheiten vgl. Frank-Rutger Hausmann, „Elsässische Romanistikprofessoren vor und im Ersten Weltkrieg (mit einem Anhang einschlägiger Dokumente)”, Romanische Studien 4, 2016, 429-458 (online).

3 Schuchardt, „Bret. eskop } franz. écope } niederl. *skop(p)a } lat. scyphus + cup(p)a ,Wasserschlauch‘“, ZrP XXXIII, 1909, 641-658.

4 Vgl. Lfd.Nr. 138-04137.

5 Vgl. Verhandlungen der fünfzigsten Versammlung deutscher Philologen und Schulmänner in Graz vom 28. Sept. bis 1. Okt. 1909, Leipzig 1910.

6 Schuchardt, „Briefe des Prinzen L. L. Bonaparte an H. Schuchardt“, RIEV III, 1909, 133f.

Faksimiles: Universitätsbibliothek Graz Abteilung für Sondersammlungen, Creative commons CC BY-NC https://creativecommons.org/licenses/by-nc/4.0/ (Sig. 04142)