Gustav Gröber an Hugo Schuchardt (124-04123)

von Gustav Gröber

an Hugo Schuchardt

Straßburg

26. 04. 1905

language Deutsch

Schlagwörter: Universität Halle Universität Breslau Universität Bonn Universität Leipzig Universität Göttingen Universität Berlin (Friedrich-Wilhelms-Universität) Zeitschrift für romanische Philologie Universität Strassburg Universität Turin Thomas, Antoine Baist, Gottfried Ritschl, Friedrich Wilhelm Curtius, Ernst Robert Horning, Adolf Bartoli, Matteo Tobler, Adolf Schuchardt, Hugo (1905) Swiggers, Pierre (1991) Gröber, Gustav/Weinhold, Karl (1894) Berliner Gesellschaft für das Studium der neueren Sprachen (Hrsg.) (1905) Gröber, Gustav (1905) Mussafia, Adolf (1905)

Zitiervorschlag: Gustav Gröber an Hugo Schuchardt (124-04123). Straßburg, 26. 04. 1905. Hrsg. von Frank-Rutger Hausmann (2017). In: Bernhard Hurch (Hrsg.): Hugo Schuchardt Archiv. Online unter https://gams.uni-graz.at/o:hsa.letter.5941, abgerufen am 24. 03. 2023. Handle: hdl.handle.net/11471/518.10.1.5941.


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[Poststempel: STRASSBURG (ELSASS) 26-4-05]

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Lieber Freund.

Heft 3 der Ztschr. 1905 (Anfg. Mai auszugeben) wird gegenwärtig ausgedruckt; am 4. Heft wird bereits gesetzt; dort kann ich noch bringen von Ihren kleineren Artikeln: Lat. semen im Bask., Altprov. dolsa, abruzz. curce, und die gestern gesandte Bemerkung zu caieu, das übrige muß ich für Heft 5 zurücklegen.1 Daß sich A. Thomas an das Journal des Débats mit seiner etymologischen Erörterung gewandt hat, ist wohl aus seinem Wunsche oder aus der Nothwendigkeit zu verstehen sich und seine Sache populär zu machen. Die Form, in der Baist in Vollmöllers Jahresb. die Sie angehende Sache bespricht,2 hat er wiederholt gebraucht; etwas aenigmatisch sich zu äußern gehört zu seinem Streben, originell zu erscheinen und eine besonders geartete Persönlichkeit zu zeigen. Wie Sie Akribie in der Arbeit der Jüngeren, so vermisse ich in ihnen auch Ehrlichkeit in der Anerkennung dessen, was ihnen andere näher gebracht haben; für die Angehörigen zweier deutscher Romanistenschulen ist dieser Mangel an Ehrlichkeit typisch, – man lernte es bei Ritschl und Curtius3 anders. – Horning ist Professor am hiesigen Lyceum,4 Altelsässer, eine durch und durch nette Persönlichkeit. Bartoli,5 dem ich den bestellten Gruß gern ausrichten werde, ist seit 8 Tagen verreist, wohl in die Heimat. Aus Anlaß von Toblers Jubiläum6 hatte ich vor c. 1 Jahr versucht, eine Anzahl mir näherstehenden Collegen zu Separatschriften zu Ehren T’s zu veranlassen, und, wie ich es zu Ehren Weinholds (1893) getan hatte,7 wollte auch ich so diesmal verfahren. Allein der Verein für das Studium der neueren Sprachen in Berlin, dessen Mitglied ich bin, forderte wieder zu einer Bandhuldigung auf und so mußte ich dort mitthun8 und die Aufgeforderten benachrichtigen, daß ich mich selbst von ihnen absondern müsse. Den Titel „Bausteine“ finde auch ich im höchsten Maße ungeeignet zur Bezeichnung des vielseitigen Inhalts des Mussafiabandes.9

Mit herzl. Gruß

Ihr

GGröber.


1 ZrP XXIX, 1905, 449-456.

2 Vgl. Pierre Swiggers, „Antoine Thomas et Hugo Schuchardt“, in: Studia etymologica indoeuropaea. Memoriae  A. J. van Windekens (1915-1989) dicata, edenda curavit  L. Isebaert, Leuven 1991, 285-294.

3 Friedrich Wilhem Ritschl (1806-1876), Klass. Philologe in Halle, Breslau, Bonn und Leipzig, Begründer der „Bonner Schule“; Ernst Curtius (1814-1896), Klass. Philologe und Archäologe in Göttingen und Berlin.

4 Adolf B. Horning (1846-1924) war Romanist und protest. Theologe, Schüler Eduard Böhmers in Straßburg, langjähriger Mitarbeiter der ZrP (vgl. Romanistenlexikon, online).

5 Matteo Giulio Bartoli (1873-1946), seit 1903 Italienischlektor Gröbers in Straßburg, ab 1907 Romanistikordinarius in Turin (vgl. Romanistenlexikon, online).

6 Der Berliner Romanist Adolf Tobler (1835-1910) wurde am 24.5.1905 siebzig Jahre alt.

7 Zur Volkskunde aus Concilbeschlüssen und Capitularien. Herrn Geh. Rath Prof. Dr. K. Weinhold zum 26. October 1893 dargebracht von Gustav Gröber, Leipzig 1894. Weinhold war germanistischer Mediävist und Gröbers Breslauer Kollege gewesen.

8 Festschrift Adolf Tobler zum siebzigsten Geburtstag; dargebracht von der Berliner Gesellschaft für das Studium der neueren Sprachen, Braunschweig 1905; darin Gröber, „Vom echten Ringe. (Nach A. Toblers Ausgabe des Vrai Aniel, 1884)“, 1-11 (es handelt sich um eine Übersetzung aus dem Altfranzösischen).

9 Bausteine zur romanischen Philologie. Festgabe für Adolfo Mussafia zum 15. Februar 1905, Halle 1905.

Faksimiles: Universitätsbibliothek Graz Abteilung für Sondersammlungen, Creative commons CC BY-NC https://creativecommons.org/licenses/by-nc/4.0/ (Sig. 04123)