Gustav Gröber an Hugo Schuchardt (078-04077)

von Gustav Gröber

an Hugo Schuchardt

Straßburg

19. 01. 1891

language Deutsch

Schlagwörter: Universität Leipzig Berufungenlanguage Portugiesischbasierte Kreolsprachen (São Tomé)language Malaiisch Birch-Hirschfeld, Adolf Gaspary, Adolf Meyer-Lübke, Wilhelm Zarncke, Friedrich Leipzig Schuchardt, Hugo (1890) Hehl, Ulrich (2008)

Zitiervorschlag: Gustav Gröber an Hugo Schuchardt (078-04077). Straßburg, 19. 01. 1891. Hrsg. von Frank-Rutger Hausmann (2017). In: Bernhard Hurch (Hrsg.): Hugo Schuchardt Archiv. Online unter https://gams.uni-graz.at/o:hsa.letter.5877, abgerufen am 02. 10. 2023. Handle: hdl.handle.net/11471/518.10.1.5877.


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[Poststempel: STRASSBURG (ELS.) 19-1-91]

Lieber Freund.

Vielen Dank für die Zusendung Ihrer Kreolischen Studien XII [sic],1 denen ich freilich in ihren stupend gelehrten Ausführungen nicht folgen kann. Nun auch noch malaiisch! Wer Ihnen das nachmachen könnte! Nun, wenn ich mich aus der Schrift auch nur unzureichend belehre, so werde ich sie doch in Ehren halten.

Der Ruf nach L. ist also doch noch an Sie gelangt. Das Laviren der L’ger Herren wird dadurch aber nur undurchsichtiger, denn, wenn man Sie wollte, warum dann nicht an erster Stelle, wohin Sie gehören? Und nun, warum B[irch]-Hirschfeld? Warum nicht Gaspary, Meyer-Lübke? Es kam wohl darauf bei der ganzen Berufungsangelegenheit an, wer dem HerzenZ‘s am nächsten war.2 Jene waren ihm ganz fremd, zu allen andren hatte er nähere und entferntere Beziehungen, und sie bestimmten die Reihenfolge. Ich glaube eben mit der Berufung B-H’s hat sich Lg keine Ehre erwiesen.3

Hier wollten mir doch die Studenten und die Lehrer des Landes beweisen, daß sie Werth auf mein Bleiben legten; jene stifteten mir ein paar lebensgroße Büsten, Dante u. Petrarca, nebst einer Pergamentadresse, diese ein Album mit den Photographien der Spender, – dabei viele Eingeborene und selbst Abbés, worauf ich mir natürlich viel einbilden darf.

Mit besten Grüßen

Ihr ergebenster

GGröber.


1 Schuchardt, „Kreolische Studien IX. Ueber das Malaioportugiesische von Batavia und Tugu“, SB d. phil.-hist. Cl. D. Kais. Akad. D. Wiss. Wien 122, 1890, 1-256.

2 Mit Z. ist der einflußreiche Germanist Friedrich Zarncke (1825-1891) gemeint, vgl. auch Lfd.Nr. 079-04078.

3 Klaus Bochmann merkt dazu an: „Eberts Lehrstuhl wurde noch 1890 von seinem Schüler Adolf Birch-Hirschfeld (1849-1917) besetzt, nachdem man sich vergeblich bemüht hatte, Wendelin Förster aus Bonn, Hermann Suchier aus Halle oder Gustav Gröber aus Straßburg und in einem zweiten Anlauf auch Hugo Schuchardt aus Graz oder Adolf Gaspary aus Breslau (in dieser Liste rangierte auch Birch-Hirschfeld) nach Leipzig zu berufen. Bemerkenswert, weil aufschlußreich für den höheren Stellenwert, den die Sprachwissenschaft inzwischen in der Fakultät erlangt hatte, ist ihre Bemühung, diesmal eindeutig Linguisten den Vorzug zu geben: Nur Gaspary und Birch-Hirschfeld, also Kandidaten, denen die Fakultät sekundäre Bedeutung zumaß, waren vorwiegend Literarhistoriker. So erwies sich, nachdem alle anderen Kandidaten abgesagt hatten, die Ernennung Birch-Hirschfelds, der Sprachwissenschaft nur als akademisches Pflichtpensum absolvierte, als eine Lösung, die man wohl oder übel akzeptierte, um Eberts Lehrstuhl nicht vakant zu belassen“ (Ulrich Hehl u.a., Geschichte der Universität Leipzig 1409-2009, Bd. 4: Fakultäten, Institute, Zentrale Einrichtungen, 1. Halbband, 2008, 636).

Faksimiles: Universitätsbibliothek Graz Abteilung für Sondersammlungen, Creative commons CC BY-NC https://creativecommons.org/licenses/by-nc/4.0/ (Sig. 04077)