Gustav Gröber an Hugo Schuchardt (024-04023)

von Gustav Gröber

an Hugo Schuchardt

Breslau

06. 05. 1878

language Deutsch

Schlagwörter: Sprachen in Malakka Druckfahnen Publikationswesen Pfleiderer, Rudolf Rausch, Friedlieb Förster, Wendelin Rausch, Friedlieb (1878) Foerster, Wendelin (1878) Schuchardt, Hugo (1880)

Zitiervorschlag: Gustav Gröber an Hugo Schuchardt (024-04023). Breslau, 06. 05. 1878. Hrsg. von Frank-Rutger Hausmann (2017). In: Bernhard Hurch (Hrsg.): Hugo Schuchardt Archiv. Online unter https://gams.uni-graz.at/o:hsa.letter.5838, abgerufen am 29. 09. 2023. Handle: hdl.handle.net/11471/518.10.1.5838.


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Breslau, 6. Mai 1878.

Verehrtester Herr College.

Für die Beurtheilung von Bartschs Uebers. der Div. Com.1 hatte ich nach Ihnen Pfleiderer2 oder Scartazzini3 ins Auge gefaßt; ich werde zunächst bei erstrem anfragen und Ihnen sodann Nachricht geben.

Daß auf romanischem Gebiete jetzt zuviel geschrieben und viel Unfertiges gedruckt werde, diesen Eindruck habe auch ich, und der litterarische Ehrgeiz Einzelner, die über alle Fragen zu schreiben das Bedürfnis haben, um immer auch vielgenannt zu werden, hat viel hastige Productionen schon hervorgerufen. Aber wird dem Einhalt gethan, wenn die Besten die Feder niederlegen? Das glaube ich nicht. Würden Sie mir z. B. etwas für die Zeitschrift schicken, so könnte ein Artikel von Fr. Rausch4 im diese Woche auszugebenden Zeitschriftheft, der allerdings nicht aus gegenwärtigem Stoffmangel darin publicirt wurde, vielmehr in einer Zeit einging, wo derselbe noch eintreten zu können schien, übrigens 2 mal umgearbeitet ist, gar nicht erscheinen. Wo eine Lücke von Gerngesehenem gelassen wird schlüpfen die Ungebetenen hinein. Sie haben auch Recht mit Foersters Aufsatz im Rhein. Museum,5 ein Artikel dem man an der Stirne liest, daß es nur galt der Erste zu sein, in vollerer Ausführung der Sache, mit der sich jeder Romanist schon beschäftigt und worüber mancher ein reicheres Material gesammelt haben mag. Denn auf die leichteste Weise war hier Vollständigkeit und annähernder Abschluß zu erzielen, wenn das Lat. Lexicon und die einschlägige Litteratur durchzusehn die Mühe nicht gescheut würde. Ich würde daher einen Artikel von Ihnen im Anschluß an F.s Aufsatz gewiß willkommen heißen und würde mich freuen, wenn Sie mir gestatteten, ihn für die Zeitschrift zu notiren.6 Die „Druckfehler“ sind ein schlimmes Capitel, und sie scheinen leider auch ziemlich häufig in der „Bibliographie“ zu sein, trotz der nicht geringen Mühe, die auf die Correctur von mir verwandt wird. Gewiß trägt auch die kleine Schrift die Hauptschuld, aber ich konnte noch immer nicht dafür sorgen sie lesbarer zu machen, wegen des reichlich vorhandenen Stoffes. Ein Jeder drängt zur eiligsten Publication seines Aufsatzes unter Bitten, Drohungen oder läßt sich doch |2| nicht ohne Schmollen eine Nummer zurücksetzen, – so sind wir diesmal wieder auf 12 (statt 9) Bogen gekommen, an ein Durchschießen des Recensionensatzes war daher nicht zu denken. Doch halte ich diese Aendrung im Auge, und werde sie hoffentlich im dritten Bande eintreten lassen können. – Uebrigens werde ich beim Nachcorrigiren der von den Verfassern durchgesehnen Abzüge noch größre Aufmerksamkeit anwenden als bisher, – es war dabei immer eine erhebliche Nachlese zu machen – und so, wenngleich es viel schöne Zeit kostet, den Schaden zu vermeiden suchen, den die Wahl der Schriftarten in der Zeitschrift, für die ich verantwortlich bin, herbeizuführen geeignet ist. Nehmen Sie herzliche Grüße von

Ihrem ergebensten
GGröber.


1 Vgl. Lfd.Nr. 005-04004 u. 020-04019.

2 Rudolf Pfleiderer (1841-1917), Lehrer und Pfarrer, Hrsg. der Reclam-Ausgabe der Göttlichen Komödie von 1876.

3 Giovanni Andrea Scartazzini (1837-1901), vgl. Lfd.Nr. 01-09985 - 02-09986.

4 Friedlieb Rausch, „Sprachliche Bemerkungen zum ,Müsserkrieg‘ des Gian von Travers“, ZrP 2, 1878, 99-114.

5 Wendelin Foerster, „Bestimmung der lateinischen Quanität aus dem Romanischen“, Rheinisches Museum für Philologie 33, 1878, 291-299.

6 Schuchardt, „Zu Foersters romanischer ,Vokalsteigerung‘ (Zeitschr. f. r. Ph. III 481-517)“, ZrP 4, 1880, 113-123. [Archiv-/Breviernummer: 119].

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