Gustav Gröber an Hugo Schuchardt (011-04010)

von Gustav Gröber

an Hugo Schuchardt

Breslau

08. 03. 1877

language Deutsch

Schlagwörter: Druckwesen Zeitschriftenbeitrag Diezstiftung Zeitschrift für romanische Philologie Romanische Philologielanguage Westslawische Sprachenlanguage Rumänisch Gaster, Moses Hasdeu, Bogdan Petriceicu Niemeyer, Hermann Tobler, Adolf Scholle, Franz Braga, Teófilo Bartsch, Karl Friedrich Förster, Wendelin Liebrecht, Felix Stengel, Edmund Mussafia, Adolf Suchier, Hermann Vollmöller, Karl Gustav Canello, Ugo Angelo Lemcke, Ludwig Jung, Julius Bidermann, Hermann Ignaz Schneller, Christian Flugi, Conradin von Schuchardt, Hugo (1877) Jung, Julius (1876) Bidermann, Hermann Ignaz (1876) Schuchardt, Hugo (1877)

Zitiervorschlag: Gustav Gröber an Hugo Schuchardt (011-04010). Breslau, 08. 03. 1877. Hrsg. von Frank-Rutger Hausmann (2017). In: Bernhard Hurch (Hrsg.): Hugo Schuchardt Archiv. Online unter https://gams.uni-graz.at/o:hsa.letter.5824, abgerufen am 28. 03. 2024. Handle: hdl.handle.net/11471/518.10.1.5824.


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Breslau, 8. März 1877

Verehrtester Herr College!

Durch mehrfache Correcturen und Revisionen in den letzten Tagen in Anspruch genommen, war es mir leider nicht möglich Ihnen umgehend den Empfang Ihrer Anzeige von Hasdeu Columna zu bestätigen.1 Es geschieht nun hierdurch zugleich mit der Mittheilung, daß Gaster,2 in dem Sie den von mir mit einer Anzeige der Columna Beauftragten richtig erkannt haben, gern zurücksteht und, daß ich ihm, wie Sie wünschten, Ihre Anzeige zur Durchsicht vorlegen werde. Auch mir ist es natürlich sehr lieb, von Ihnen die Anzeige erhalten zu haben, da G. doch noch nicht die nöthige Urtheilsreife besitzt um eine solche ganz befriedigend auszuführen. Aber ich möchte mir eine Bitte erlauben. Wie Sie aus dem Prospect ersehen haben werden, bringt auch die Zeitschrift eine Bibliografie der roman. Novitäten: im letzten Heft des 1. Jahrgangs die der Jahre 1875-1876 (das Jahrbuch schließt mit 1874 in der Bibliografie ab), später soll immer schon das erste Heft eines neuen Bandes die Literatur des Vorjahres verzeichnen. Für das gar nicht im Jahrb. berücksichtigte Rumänische wollte ich durch Gaster mit eventueller Unterstützung von Hasdeu eine Bibliografie über die Jahre 1870-1876 ausarbeiten lassen (ebenso wie beim Spanischen und Portugiesischen ein paar Jahre zurückgegriffen werden soll): würden Sie mir nun wohl gestatten, den letzten Theil Ihrer Anzeige, die sich auf die der Columna VII beigegebne Bibliografie bezieht, zurückzulegen und für die Bibliografie der Zeitschrift zu verwenden? Ich würde natürlich durch eine Chiffre Ihre räsonirenden Titelangaben kenntlich machen und Ihrer Beihilfe zur Bibliografie der rum. Werke Erwähnung thun. So vermeiden wir, daß an zwei Stellen des ersten Bandes der Z. dasselbe gegeben wird. Ich könnte vielleicht dann in folgender Abänderung die Worte, die Sie der rumänischen Bibliografie vorausschicken, geben: „Den Schluß des Bandes bildet eine alphabetische rumänische Bibliografie von 1874-1876 (alle in rumänischer Sprache oder von Rumänen herausgegebenen Bücher umfassend).Sie wird die Grundlage der in dieser Zeitschrift zu gebenden rumänischen Bibliografie zu bilden haben, und damit würde Ihre Anzeige der Columna schließen. Sie würden mich durch Ihre Zu- |2| stimmung zu diesem Vorschlage sehr verbinden.3

Im ersten Heft werde ich leider Ihre Anzeige nicht mehr veröffentlichen können, obgleich durch nachträgliche Zurückziehung eines Beitrags etwas Raum geworden ist. Aber der Setzer ist mit einigen Bogen im Rückstand, so daß ich befürchte, daß der durch Zurückziehung jenes Beitrags gewonnene Vorsprung bei Hinzufügung eines neuen Beitrags wieder verloren geht, und ich glaube dafür besonders besorgt sein zu müssen, daß die Zeitschrift immer pünktlich ausgegeben wird. Nur für den Fall, daß es gälte einen Bogen zu füllen, würde ich mich verbindlich machen können, Ihren 2. Beitrag noch im 1. Hefte zu bringen. Ich darf unter diesen Umständen wohl hoffen, daß Sie dieser Verwendung Ihrer Anzeige Ihre Zustimmung nicht versagen.

Niemeyer theilt mir mit, daß er Ihre Besprechung von Stünkel4 sogleich auf Ihren Wunsch hat in Angriff nehmen lassen, Sie haben vielleicht die Correctur schon in Händen oder erhalten sie in den nächsten Tagen.

Hier eine Uebersicht über die Beiträge zum ersten Heft, die Sie kennen lernen möchten:

1) Abh. Tobler, Zur Gram. des Altfranz. (Syntactisches); Scholle, Baligantepisode im Rolandslied; Braga, Il canzoniere Portughese.

2) Texte. Bartsch, 2 Altfrz. Lais; Foerster Catalanisches Streitgedicht.

3) Miscellen. Darunter: Portugies. Aberglaube ( Liebrecht); Cod. Vatican 3207 ( Stengel); Altfrz. Gesundheitsregeln ( Foerster); Zu Brun de la Montagne ( Mussafia, Emendation etc.); Quelle des Sermo de Sapientia (Suchier); Inhaltsangabe des Laberinto amoroso (Vollmöller), e, i im Westromanischen (Stengel), lo, li, il i im Altitalien. (Gröber) etc.

4. Recens. Stünkel ( Schuchardt); Rajna, Fonti ( Canello), Braunfels, Amadis ( Lemcke), 1. 2. Publ. der Société des anc. textes ( Lemcke), Matthes, Renout v. Montaub. ( Stengel) Andresen, Wace Rom. de Rou ( Foerster).5

Ich will wünschen daß das erste Heft der Zeitschrift auch höheren Anforderungen entspricht, ich habe es an Bemühungen nicht fehlen lassen. –

Wegen Jungs Untersuchung der Rum. Frage6 werde ich mich an Jung selbst wenden; sollte er wie ich glaube, 1 Ex. schicken, so geht es Ihnen nach Eintreffen zu. – Daß Sie das Buch|3| von Bidermann,7 dessen Erscheinen bevorsteht, in der Zeitschrift besprechen werden, darf ich wohl erwarten.

Die drei neuen Beiträge (Röm. Mundart; Mundarten von Bergün und Flims, Keltisch-Romanisch) die Sie der Zeitsch. in Aussicht stellen, würden mit größter Freude von mir entgegengenommen werden; auch das Keltisch-Romanische würde ich bedauern Sie anderswo veröffentlichen zu sehen. Gerade durch Berücksichtigung der Grenzgebiete wird die Zeitschrift Ansehn gewinnen und sich über den engeren Kreis der Romanisten hinaus Verbreitung und Anerkennung erschaffen.

Und dessen bedarf die Rom. Phil. noch in hohem Grade. – Drängen werde ich Sie in Betreff der in Aussicht gestellten Beiträge nicht, aber ich habe nicht umhin können, mir alles genau zu notiren, um nichts aus den Augen zu verlieren.

Was mir über die Diezstiftung zu Gesicht kommt, werde ich mit Vergnügen für Sie anmerken. Sonntag wird eine Zusammenkunft der Comitemitglieder bei Tobler in Berlin sein: leider bin ich wahrscheinlich verhindert Theil zu nehmen. Eine erste Liste der Beiträge wird das erste Heft der Zeitschrift veröffentlichen.8 In Erstaunen setzt mich Ihre Nachricht, daß ein Gutachten Mussafias über die Diezstiftung von T. nicht beachtet worden ist. Die endlich einberufene Sitzung wird wohl d[urc]h Ihren Artikel in der Augsb. Ztg. veranlaßt worden sein. Hoffentlich gehen mir Nachrichten darüber und Instructionen zu.

Und nun noch eine Bitte. Wären Sie vielleicht in der Lage die rhäto-romanische Bibliografie in der Zeitschrift zu unterstützen. Ich kenne gar keine Wege mich über das was dort erscheint zu unterrichten, Schneller und Flugi9 haben mir nicht geantwortet, – Ihnen liegt die Sache nahe genug und macht Ihnen gewiß keine Mühe.

Mit den besten Grüßen

Ihr

GGröber

NB. Die Correctur Ihrer Recension bitte ich an mich zu senden, da ich vielleicht noch besondre Anweisungen in Betreff der äußern Einrichtung der Recensionenabtheilung in der Z. beizufügen habe.

Ds.10


1 Vgl. Lfd.Nr. 010-04009

2 Zu Gaster vgl. Lfd.Nr. 010-04009

3 Vgl. ZrP Bibliographie 1876, 40-44 (II. Rumänisch, 1870-1876), Nr. 788-844; Columna Nr. 794. Ein Text Schuchardts findet sich hier nicht.

4 Vgl. Lfd.Nr. 009-04008

5 Alle genannten Titel lassen sich mühelos im Inhaltsverzeichnis von ZrP 1 überprüfen.

6 Julius Jung, Anfänge der Romaenen, kritisch-ethnographische Studie, Wien 1876. Vgl. seinen Brief an Schuchardt vom 30.10.1876 ( Bibl.Nr. 05239).

7 Hermann Ignaz Bidermann, Die Bukowina unter österreichischer Verwaltung 1775-1875, Lemberg 1876. Vgl. seinen Brief an Schuchardt Bibl.Nr. 01015.

8 Es finden sich im 1. Bd. Der ZrP 1877 entsprechende Übersichten, S. 161, 488 u. 581.

9 Christian Schneller (1831-1908), österr. Philologe und Volkskundler, vgl. Bibl.Nr. 10138-10140; Conradin von Flugi (1787-1874), Wegbereiter der rätoroman. Emigrantenlyrik, vgl. Bibl.Nr. 03083.

10 „Derselbe“.

Faksimiles: Universitätsbibliothek Graz Abteilung für Sondersammlungen, Creative commons CC BY-NC https://creativecommons.org/licenses/by-nc/4.0/ (Sig. 04010)