Rudolf Meringer an Hugo Schuchardt (19-07055)

von Rudolf Meringer

an Hugo Schuchardt

Graz

18. 01. 1905

language Deutsch

Schlagwörter: Gesundheit Rezension Indogermanische Forschungen Sonderabdruck Publikationsvorhaben Foy, Willy Hirt, Hermann Schroeder, Leopold von Murko, Mathias Wolf, Michaela (1993)

Zitiervorschlag: Rudolf Meringer an Hugo Schuchardt (19-07055). Graz, 18. 01. 1905. Hrsg. von Verena Schwägerl-Melchior (2017). In: Bernhard Hurch (Hrsg.): Hugo Schuchardt Archiv. Online unter https://gams.uni-graz.at/o:hsa.letter.5321, abgerufen am 28. 03. 2024. Handle: hdl.handle.net/11471/518.10.1.5321.


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Graz 18/i 05

Hochverehrter Herr Hofrath!

Habe große Freude, daß Sie ein Lebenszeichen von sich gebe. Mir geht’s auch schlecht, mit dem Nervenelend, dazu sind alle Kinder marod u. husten des Nachts daß man nicht schlafen kann

Auf die Anzeige vom guten Willy bin ich sehr neugierig.1 Er ist einer der „ungesalzensten Schuften“, die ich kenne. Mit dem werde ich wohl noch manches zu thun kriegen.

An Hirt2 schreibe ich damit er Ihnen einen SA sendet. Ich habe leider auch keinen.

An v. Schroeder3 muß ich ohnehin schreiben. Da will ich zart anklopfen; er ist ein so edler Mann, daß er rasch Klärung bringen wird.

Das 1 Capitel meiner neuen Arbeit, ca. 2 Druckbogen, „die Wörter für „müssen“ ist in der Reinschrift fertig.4 Ich habe eine Freude damit, es ist der reine R[…]. Wenn nur meine Kraft wenigstens |2| zum Abschreiben u. Redigieren der andern noch die Par Wochen ausreicht (noch ca 4-5 Bogen)

Ich freue mich schon sehr auf das, was Sie jetzt arbeiten! Hoffentlich kommt das dazu nöthige Wohlbefinden bald.

Bei Murko geht es momentan gut. Aber Sie sind doch sehr verstimmt. Der Blick in die Zukunft ist nicht ganz rein.

Ihr Gedanke in Andrianapolis Luft zu schöpfen, ist ein sehr guter.5

Wie gerne möchte ich einmal dadrunten etwas Übercultur sehen u namentlich thäte ich mich gerne moralisch entrüsten

Ihr, verehrter Herr Hofrath wie immer treu ergebener
Rud Meringer


1 Willy Foy rezensierte im Indogermanische Forschungen 17 beiliegenden Anzeiger für indogermanische Sprach- und Altertumskunde die dritte Auflage von Meringers Indogermanische Sprachwissenschaft ( Meringer 1903 ). Foy hatte bereits die erste Ausgabe des Werks ( Meringer 1897 ) in Indogermanische Forschungen 10 rezensiert. Beide Rezensionen sind bezüglich der Leistung Meringers sehr kritisch.

2 An dieser Stelle ist vermutlich der zu dieser Zeit in Leipzig lehrende deutsche Indogermanist Herman(n) Hirt (1865-1936) gemeint, der ein regelmäßiger Beiträger der von seinen Leipziger Kollegen Brugmann und Streitberg herausgegebenen Indogermanische Forschungen war. Bei dem erwähnten Sonderabdruck könnte es sich um Meringers 1904/5 in den Indogermanischen Forschungen (17, 100-166) erschienenes 'Wörter und Sachen II' aber auch um die Rezension Foys handeln.

3 Leopold von Schroeder (1851-1920), von 1899 bis 1920 in Wien lehrender Indologe.

4 Die angesprochene Arbeit erscheint als Meringer (1905/6). 'Wörter und Sachen III'. Indogermanische Forschungen 18, 204-232.

5 Unter Umständen Wortspiel aus dem Toponym Adrianopoli (heute das türkische Edirne) und dem Nachnamen des Geologen und Anthropologen Ferdinand von Andrian-Werburg (1835-1914), der sowohl mit Meringer als auch mit Schuchardt bekannt war (vgl. die Korrespondenz mit Schuchardt in Egger/Schwägerl-Melchior 2015, insbesondere die Briefe 02-00109 und 08-00115) und der seit Anfang der 1870er Jahre ein Anwesen in Altaussee hatte, das als Treffpunkt und Erholungsort für viele österreichische Intellektuelle diente. Für das Jahr 1905 verzeichnet Wolf (1993: 632) allerdings nur Reisen Schuchardts nach Pallanza, Ems und Straßburg. Was aus dem hier angesprochenen Reisevorhaben Schuchardts wurde konnte nicht abschließend geklärt werden.

Faksimiles: Universitätsbibliothek Graz Abteilung für Sondersammlungen, Creative commons CC BY-NC https://creativecommons.org/licenses/by-nc/4.0/ (Sig. 07055)