Theodor Mommsen an Hugo Schuchardt (03-07438)
von Theodor Mommsen
an Hugo Schuchardt
19. 01. 1872
Deutsch
Schlagwörter: Dialekte Französisch Roggenbach, Franz von Tobler, Adolf
Zitiervorschlag: Theodor Mommsen an Hugo Schuchardt (03-07438). Berlin, 19. 01. 1872. Hrsg. von Frank-Rutger Hausmann (2017). In: Bernhard Hurch (Hrsg.): Hugo Schuchardt Archiv. Online unter https://gams.uni-graz.at/o:hsa.letter.5302, abgerufen am 01. 12. 2023. Handle: hdl.handle.net/11471/518.10.1.5302.
THEODOR MOMMSEN
SCHÖNEBERGERSTR. 10
BERLIN
Geehrter Herr,
Meines Erachtens kann, für den Fall, daß Hr. v. Roggenbach Sie für die Professur der romanischen Sprachen ins Auge fassen sollte,1 Ihre Schrift über den Vocalismus nur nebenher in Frage kommen, da sie das, was für diesen Zweck erforderlich ist, Ihre Vertrautheit mit den romanischen Sprachen2 nicht darthun kann. Ich kann mir daher auch nicht denken, |2| daß Herr v. R. in diesem Fall sich an mich wenden wird, sondern wird er viel mehr Hrn. Tobler3 oder wen er sonst von Gelehrten dieses Faches kennt, befragen. Sollte es dennoch geschehen, so könnte ich ihm nur in diesem Sinn seine Frage beantworten, daß es nicht auf jenes Werk mit seinem pro und contra, sondern darauf ankomme, was Sie als Dozent und Schriftsteller im Fach des eigentlich Romanischen geleistet haben und ich hierüber in jeder Hinsicht incompetent bin.
Hochachtungsvoll ergebenst
Mommsen
Berlin 19/1 72.
1 Vgl. den zweiten Brief Schuchardts an Mommsen.
2 In Straßburg sollte dem modernen Französisch besondere Aufmerksamkeit gewidmet werden und auch Vorlesungen auf Französisch angeboten werden, vgl. Stephan Roscher, Die Kaiser-Wilhelm-Universität Straßburg 1872-1902, Frankfurt a.M. 2006 (Europäische Hochschulschriften III, 1003) 166ff.
3 Die Professur wurde mit Carl Eduard Böhmer (1827-1906) besetzt. Zu seiner Person vgl. HSA, Lfd.Nr. 01187-01189. Schuchardt wurde zwar nicht nach Straßburg berufen, folgte Böhmer jedoch auf seine Hallenser Professur. Vorgeschlagen hatte ihn Tobler, vgl. dessen Brief Lfd.Nr. 02-11707.