Wilhelm Hein an Hugo Schuchardt (04-04507)
von Wilhelm Hein
an Hugo Schuchardt
14. 11. 1900
Deutsch
Schlagwörter: Photographieversand Weltausstellung Fischfang Ethnologie, Anthropologie, Volkskunde Fischereigeräte Paris Jankó, Johann (1900) Hurch, Bernhard (2009) Schuchardt, Hugo (1906)
Zitiervorschlag: Wilhelm Hein an Hugo Schuchardt (04-04507). Floridsdorf, 14. 11. 1900. Hrsg. von Elisabeth Egger und Susanne Oberpeilsteiner (2017). In: Bernhard Hurch (Hrsg.): Hugo Schuchardt Archiv. Online unter https://gams.uni-graz.at/o:hsa.letter.5153, abgerufen am 27. 09. 2023. Handle: hdl.handle.net/11471/518.10.1.5153.
Printedition: Egger, Elisabeth; Oberpeilsteiner, Susanne (2016): "Ich werde mir erlauben, Ihnen am Montag, den 5. d. M., um 10 Uhr Vormittags mit meiner Frau einen Besuch zu machen und Ihnen dann die Pariser Sichel zu überreichen". Die Korrespondenz von Wilhelm und Marie Hein mit Hugo Schuchardt. In: Grazer Linguistische Studien. Bd. 85., S. 57-130.
Floridsdorf, 14/II 1900.
Da ich soeben die Streitschriften1 von Herman3 und Jankó4 (letztere ebenfalls in deutscher Sprache!) durchgelesen habe, erinnerte ich mich meiner Aufnahmen im finnischen Pavillon5 (WeltausstellungParis 1900),6 welche ich Ihnen hiermit zur Verfügung stelle. Leider gab es zu II keine Erklärung. [Zeichnung]
I. Sorte de bordigue nommée "Katsa"7 en usage dans les parages du lac Saïma (Finlande orientale).
II. Ohne Erklärung.
III. Katsa från Tavastland, mellersta Finland.8
Ihr ergebenster
W. Hein
1 Herman rezensierte in seinem polemischen hundertzwölfseitigen Band "Die Forschungsreisen des Grafen Eugen Zichy in Asien. 'Dritte Reise'. Band I."(Herman 1900a) , der noch durch zwei neunzehn- bzw. achtseitige Nachträge im selben Erscheinungsjahr ( Herman 1900b ; Herman 1900c ) ergänzt wurde, äußerst scharf Jankós Werk "Herkunft der magyarischen Fischerei"(Jankó 1900a) . Er klassifizierte in seiner Anzeige Jankós Publikation als gehässige Polemik gegen seine Person ( Herman 1900a: 11) und bezichtigte Jankó der Kompilation ( Herman 1900a: 34-35). Jankó verteidigte sich in seiner Gegenanzeige ( Jankó 1900b ) minutiös gegen die Vorwürfe. Hugo Schuchardt wurde durch seine "eingehende kritische Besprechung" ( Sitzungsberichte 1901: [24]) von Jankós "Herkunft der magyarischen Fischerei" in den MAGW (Schuchardt 1900a), die nach Hermans Anzeige ( Herman 1900a ), aber vor dessen Nachtrag ( Herman 1900b ) erschien, Teil dieses Diskurses. Sowohl Herman ( 1900b: 9, 13, 17) als auch Jankó ( 1900b: 21-23, 44) referenzierten auf Schuchardts Besprechung. Die Auseinandersetzung mit Jankó ist auch Thema in der Korrespondenz zwischen Otto Herman und Hugo Schuchardt, und zwar in den Briefen B 04621-B 04626. Zur Anzeige als wissenschaftliches Instrument und zu Schuchardt als Anzeigenschreiber vgl. Hurch (2009c: 9-11) und Kröll (2012: 29-51). Laut Schuchardts handschriftlichem Verzeichnis seiner "Bibliotheca piscatoria" (Signatur 17.1.2.13.) befanden sich folgende Publikationen in seinem Besitz (2): Herman 1900a , Herman 1900b , Herman 1900c , Jankó 1900a (Signatur II 222.943), Jankó 1900b (Signatur I 223.224).
2 die Signaturen in Klammer verweisen auf den Nominalkatalog der Universitätsbibliothek Graz
3 Ottó (Otto) Herman (1835-1914), Zoologe, Ethnologe, Politiker, wirkte ab 1864 als Konservator und Kustos am Museum des Siebenbürger Museumsvereines in Kolozsvár, wo er die zoologische Sammlung einrichtete und förderte. Von 1875 bis 1879 war Herman Kustos am ungarischen Nationalmuseum, in dieser Funktion gründete er 1877 die Fachzeitschrift des Museums Természetrajzi Füzetek, welche er bis 1887 redigierte. 1887 erschien das zweibändige Buch der ungarischen Fischerei (Herman 1887) . Herman gründete 1894 die Königlich Ungarische Ornithologische Centrale und die ornithologische Zeitschrift Aquila, deren Direktor bzw. Redakteur er bis zu seinem Lebensende war (vgl. Greschik 1915 ; Chernel von Chernelháza 1914 ). Herman war von 1906 bis 1911 Mitglied der AG ( Sitzungsberichte 1906: [139]; Sitzungsberichte 1911: [9]). Zwischen 1893 und 1910 veröffentlichte er mehrere Beiträge in den MAGW zu prähistorischen und ethnologischen Themen. Für eine ausführliche Biographie siehe Egger/Oberpeilsteiner (2015a) . Die Korrespondenz Hermans an Schuchardt befindet sich im Nachlass Schuchardts ( B 04615-B 04665), die Korrespondenz Schuchardts an Herman in der Bibliothek der Ungarischen Akademie der Wissenschaften.
4 János (Johann) Jankó (1868-1902), Geograph, Ethnograph, studierte an der Budapester Universität zunächst Medizin, wechselte aber nach einem Jahr zu Geographie und Naturwissenschaften. Noch während des Studiums bereiste er Nordafrika und widmete sich seinen ethnographischen Interessen. Nach einer Tätigkeit als Assistent von Lajos Lóczy am geographischen Institut der Budapester Universität wurde Jankó 1893 Assistent an der ethnographischen Abteilung des ungarischen Nationalmuseums. Nachdem er die aus der ersten und zweiten asiatischen Expedition des Grafen Eugen Zichy ( Zichy 1897 ) stammenden ethnographischen Sammlungen bearbeitet hatte, wurde er von Zichy als Ethnograph für die dritte asiatische Expedition (1897 bis 1898) berufen. Seine Ergebnisse veröffentlichte er unter dem Titel "Herkunft der magyarischen Fischerei"(Jankó 1900a) im ersten der insgesamt sechs Bände umfassenden Gesamtveröffentlichung zur asiatischen Forschungsreise ( Zichy 1900-1905 ). 1899 erfolgte Jankós Ernennung zum Abteilungsdirektor der ethnographischen Abteilung des ungarischen Nationalmuseums (vgl. Semayer 1903 ; o.A. 1903 ; Jankó 1900a: 1-72).
5 Wilhelm Hein fertigte Skizzen von Fischzäunen an, die von Oscar Nordquist, Leiter der finnischen Fischereibehörde in Helsinki und Verfasser des Beitrags über die finnische Fischerei im offiziellen Finnlandführer ( Nordquist 1900 ), im finnischen Pavillon der Pariser Weltausstellung aufgebaut worden waren ( Jankó 1900b: 12 ).
6 Die fünfte Pariser Weltausstellung fand vom 15. April bis 12. November 1900 statt. Der finnische Pavillon befand sich am Quai d’Orsay, präsentiert wurden die (land)wirtschaftlichen Leistungen Finnlands, kunstgewerbliche Objekte und eine Sammlung von Meteorsteinen (vgl. Meier-Graefe 1900: 36, 50).
7 Fischzaun in Finnland und Schweden, der hauptsächlich in Seen verwendet wird (Sirelius 1906:366).
8 Katsa aus Tavastland, Mittelfindland. Tavastland ist die schwedische Bezeichnung für eine historische Landschaft in Mittelfinnland, finnisch Häme.