Hugo Schuchardt Archiv

Bruck a/Mur, 17.10.1922.

Sehr geehrter Herr Hofrat!

In dem Ihnen gewidmeten Aufsatze H. Urtels (Germanisch-rom. Monatsschrift 1922 S. 2)¹ ist ein ausführliches Verzeichnis Ihrer Schriften erwähnt, das ich trotz Suchens und Umfragens nicht finden kann². Daher bitte ich zu verzeihen, daß ich mich an Sie mit der Bitte um genauere Angabe wende, wo dieses Verzeichnis zu finden ist. Ich arbeite gerade eine Besprechung von Jespersens Language, its Nature, Development and Origin aus³, wo Ihr Name vielfach aufscheint, und mir wäre es sehr lieb, schon durch |2| eine bloße Übersicht Ihrer Arbeiten an die eine oder andere Frage erinnert zu werden, in der Jespersen vielleicht auch, wie es sonst gelegentlich der Fall ist, durch die von ihm leider nicht immer herangezogene deutsche Forscherarbeit der jüngsten Zeit ergänzt werden muß.

Auch F. Schürrs knappe Arbeit Sprachwissenschaft und Zeitgeist soll ich beurteilen⁴; da möchte ich mir die Frage erlauben, wo zu Ihrem 80. Geburtstage Ihre Forschertätigkeit und prinzipielle Bedeutung der Sprachwissenschaft so fein gewürdigt ist, wie Kollege Richard Riegler Ihre Lehrtätigkeit darstellte.⁵ Es ist für einen fachlich |3| verhältnismäßig und örtlich leider sehr arg außenstehenden nicht leicht, sich auf dem Laufenden zu halten, ich bin daher für selbst so gewichtige Dinge auf freundliche Hilfe angewiesen. Auch Ihre Antrittsvorlesung⁶ muß ich mir genau ansehen; denn Jespersen scheint mir etwas befangen bei Aufzählung jener Männer, die zuerst auf die Bedeutung der lebenden Sprache und der Dialekte hingewiesen haben.

Mit der Bitte, die Belästigung zu verzeihen, bin ich

Ihr ergebenster

Fritz Karpf.