Adolf Ebert an Hugo Schuchardt (18-02694)

von Adolf Ebert

an Hugo Schuchardt

Leipzig

14. 01. 1879

language Deutsch

Schlagwörter: Reisen British Museum (London) Forschungsfelder Schuchardts Literaturstudien Gesundheit Publikationsvorhabenlanguage Spanische Dialekte (Asturien) Leipzig Ebert, Adolf (1874–1889) Windisch, Ernst (1879) Stokes, Whitley, /Windisch, Ernst (1880–1909)

Zitiervorschlag: Adolf Ebert an Hugo Schuchardt (18-02694). Leipzig, 14. 01. 1879. Hrsg. von Frank-Rutger Hausmann (2016). In: Bernhard Hurch (Hrsg.): Hugo Schuchardt Archiv. Online unter https://gams.uni-graz.at/o:hsa.letter.4988, abgerufen am 29. 03. 2024. Handle: hdl.handle.net/11471/518.10.1.4988.


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Lieber Herr College!

Es freute mich recht von Ihnen einmal wieder ein Lebenszeichen zu erhalten und zu hören, daß Ihre Anhänglichkeit an Leipzig noch die alte ist.

Ich beneide Sie um die schöne Reise1, die Sie vorhaben. Knust2 werden Sie freilich dort – in Spanien – nicht mehr treffen; er hat es seit vorigem Sommer verlassen und lebt jetzt einmal wieder in London – weil es sich, wie er auf der Durchreise mir sagte, im British Museum am bequemsten arbeiten läßt. Seine Adresse ist: 26 Bedford Place, Russell Square W.C. – Er hat voriges Jahr auch ins südliche Spanien eine Reise gemacht. Ob auch nach Andalusien, weiß ich freilich nicht.

Es freut mich daß Sie sich nun mehr der Literaturgeschichte zuwenden wollen; Sie haben ja in phonologischer Beziehung schon das Ihrige gethan. Es wäre in der That Schade, wenn |2| Sie innerhalb dieses beschränkten Gebietes sich halten wollten. Es ist gut, auch einmal statt des Microscops das Prospectiv in die Hand zu nehmen. Wenn Sie indeß auch in Spanien einmal wieder der alten Liebe huldigen wollen, so rathe ich den asturischen Dialect zu studiren, der für die Entwicklungsgeschichte des Spanischen von Bedeutung ist.

Seit Anfang vorigen Jahres geht es mit meiner Gesundheit nicht mehr gut; ich habe das ganze vorige Jahre gekränkelt und im neuen nicht weniger. So hat denn auch der 2. Bd. meiner Geschichte des Mittelalters nur langsame Fortschritte in der Ausarbeitung machen können, obgleich das Material schon lange gesammelt u. zum Theil schon vorbereitet ist. Indessen hoffe ich doch, daß wenigstens im Herbst der Druck beginnen kann3. – Ich war vorigen Sommer nur ein paar Wochen mit meiner Familie verreist, da meine Schwiegermutter sehr krank war, die auch Anfang September starb. So waren wir nur kurze Zeit in meiner Heimath, namentlich auf Wilhelmshöhe bei Cassel. Dort gefiel es uns sehr und gedenken wir dasselbe dies Jahr wieder zu besuchen. Der Wald ist dort prachtvoll und unsre Pension lag mitten drin.

Es wird Sie interessiren zu hören daß in diesen Tagen eine kurze Grammatik der Irischen Sprache mit einigen |3| Lehrstücken von Windisch herausgeg. erscheint4. Auch seine irische Anthologie5 ist bald fertig, die Anlage derselben ist meisterhaft.

Ihre Grüße werde ich demnächst ausrichten. Vielleicht lassen Sie auch einmal aus Spanien etwas von sich hören.

Mit den besten Grüßen

Ihr treu ergebener

A. Ebert.


1 Es handelt sich um Schuchardts Spanien-Reise, vgl. z.B. seine Korrespondenz mit Karl Vollmöller, HSA, Lfd.Nr. 01-12522 – 02-12523.

2 Vgl. Lfd.Nr. 15-02691.

3 Allgemeine Geschichte der Literatur des Mittelalters im Abendlandebis zum Beginn des XI. Jahrhunderts, 3 Bde., Leipzig 1874-1889. Der 2. Bd. (Die lateinische Literatur vom Zeitalter Karls des Großen bis zum Tode Karls des Kahlen) erschien im Jahr 1880.

4 Ernst Windisch, Kurzgefasste irische Grammatik mit Lesestücken, Leipzig 1879. Windisch (1844-1918) war Eberts Leipziger Kollege, vgl. auch Lfd.Nr. 04-02681.

5 Ernst Windisch / Whitley Stokes, Irische Texte, 4 Bde., Leipzig 1880-1909.

Faksimiles: Universitätsbibliothek Graz Abteilung für Sondersammlungen, Creative commons CC BY-NC https://creativecommons.org/licenses/by-nc/4.0/ (Sig. 02694)