Johannes Ulrich Hubschmied an Hugo Schuchardt (15-04888)
von Johannes Ulrich Hubschmied
an Hugo Schuchardt
02. 02. 1926
Deutsch
Schlagwörter: Jaberg, Karl Jud, Jakob Gauchat, Louis Schuchardt, Hugo (1925)
Zitiervorschlag: Johannes Ulrich Hubschmied an Hugo Schuchardt (15-04888). Küsnacht, 02. 02. 1926. Hrsg. von Frank-Rutger Hausmann (2016). In: Bernhard Hurch (Hrsg.): Hugo Schuchardt Archiv. Online unter https://gams.uni-graz.at/o:hsa.letter.4966, abgerufen am 22. 09. 2023. Handle: hdl.handle.net/11471/518.10.1.4966.
Hochverehrter und lieber meister,
meine herzlichsten glückwünsche zur vollendung Ihres 84. lebensjahres. Nun sind es bald drei jahre dass ich so schöne, unvergessliche tage bei Ihnen verleben durfte. Es freut mich, aus Ihrer schrift über den Individualismus in der sprachforschung zu sehn |2| dass Sie Ihre jugendliche geistesfrische und heitere gemütsart bis in dieses hohe alter hinauf bewahrt haben.1 Das ist nur wenigen und ganz grossen menschen gegeben. Mit der zusendung Ihrer eben erwähnten schrift haben Sie mir eine grosse freude gemacht. Von meinen angehörigen abgesehn, interessiert mich keines menschen leben so wie das Ihre. Gefreut hat mich auch ein satz auf s. 8, den |3| ich ganz im stillen auf mich bezogen habe – vielleicht lächeln Sie über meine naivität.2
Eben bekomme ich die nachricht dass Gilliéron schwer krank ist. Hoffentlich obsiegt seine kräftige konstitution.3 Letzten herbst haben Jaberg, Jud und ich ihn noch in seinem wunderbar gelegenen häuschen hoch über dem Bielersee aufgesucht; damals sah er geradezu verjüngt aus.
|4| Kürzlich ist Gauchat 60 jahre alt geworden.4 Nächsten samstag veranstalten seine schüler zu seinen ehren eine kleine feier.
Mit den herzlichsten wünschen für Ihr wohlergehn verbleibe ich
Ihr dankbarer
J. U. Hubschmied.
1 Der Individualismus in der Sprachforschung, Wien u. Leipzig 1925.
2 Es könnte der folgende Passus gemeint sein: „Da nun in meine Darstellung mancherlei einfließen wird was strengen Richtern unwissenschaftlich erscheinen muß, so möchte ich diese einigermaßen durch das Zugeständnis entwaffnen daß dem Ganzen die Überschrift Allotria gebühre, ein Wort das ich in meinen jungen Jahren oft aus Lehrermund vernahm. Und auch jetzt noch glaube ich einen erhobenen Lehrerfinger vor mir zu sehen der etwa besagte: selbst in deinen letzten Tagen kannst du nicht auf den schön geordneten und eingezäunten Wegen bleiben, beachtest die Tafel nicht auf der das Betreten der Wiesen verboten ist?“
3 Jules Gilliéron starb am 29.4.1926 in Schernez/Ligerz bei Biel, Kt. Bern.
4 Vgl. Festschrift Louis Gauchat. [Zu seinem 60. Geburtstage als Ausdruck ihrer Dankbarkeit und Verehrg der Freunde und Schüler aus der Schweiz; 12. Jan. 1926] / [Vorw.: F. Fankhauser; J. Jud], Aarau 1926.