Vatroslav Ignaz Jagič an Hugo Schuchardt (91-05049) Vatroslav Ignaz Jagič Claudia Mayr Helena Reimann Institut für Sprachwissenschaft, Karl-Franzens-Universität Graz Zentrum für Informationsmodellierung - Austrian Centre for Digital Humanities, Karl-Franzens-Universität Graz GAMS - Geisteswissenschaftliches Asset Management System Creative Commons BY-NC 4.0 2022 Graz o:hsa.letter.4803 91-05049 Hugo Schuchardt Archiv Herausgeber Bernhard Hurch Karl-Franzens-Universität Graz Österreich Steiermark Graz Karl-Franzens-Universität Graz Universitätsbibliothek Graz Abteilung für Sondersammlungen 05049 Vatroslav Ignaz Jagič Papier Brief 3 Seiten Wien 1911-10-19 Hugo Schuchardts wissenschaftlicher Nachlass (Bibliothek, Werkmanuskripte und wissenschaftliche Korrespondenz) kam nach seinem Tod 1927 laut Verfügung in seinem Testament als Geschenk an die UB Graz. Claudia Mayr Helena Reimann 2022 Die Korrespondenz zwischen Vatroslav Ignaz Jagič und Hugo Schuchardt Hugo Schuchardt Archiv Bernhard Hurch

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Hugo Schuchardt Archiv

Das Hugo Schuchardt Archiv widmet sich der Aufarbeitung des Gesamtwerks und des Nachlasses von Hugo Schuchardt (1842-1927). Die Onlinepräsentation stellt alle Schriften sowie eine umfangreiche Sekundärbibliografie zur Verfügung. Die Bearbeitung des Nachlasses legt besonderes Augenmerk auf die Erschließung der Korrespondenz, die zu großen Teilen bereits ediert vorliegt, und der Werkmanuskripte.

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Vatroslav Ignaz Jagič Wien 1911-10-19 Hugo Schuchardt Wien-Fluss 16.38409,48.2088 Korrespondenz Vatroslav Ignaz Jagič - Hugo Schuchardt Korrespondenz Universität Graz Latein Deutsch Kroatisch Wissenschaft Sprachwissenschaft Brief Deutsch
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Wien d. 19.10.1911VIII/1 Kochgasse 15 Hochverehrter Herr Kollega!

In meiner Vaterstadt Warasdin, die ich vor einem Monat wieder besucht hatte – ich musste ja den Vätern der Stadt in der Person des Bürgermeisters meinen Dank abstatten für die Auszeichnung, daß sie eine der schönsten Straßen mit meinem Namen belegt, d.h. benannt haben, sie heißt nämlich jetzt Jagićeva ulica und damit sie die Wichtigkeit derselben richtig beurteilen können, muß ich erwähnen, daß in dieser Straße ein Theater und eine Synagoge sich befinden – also in meiner Vaterstadt, beim Eingang in das Franziskanerkloster findet man ein grotteskes mittelalterliches großes Gemälde, das das jüngste Gericht illustriert. In der Mitte thront die heil. Dreifaltigkeit, seitwärts bei der großen Wage steht der Erzengel Michael und zu ihm in der Richtung zur ominösen Wage wandern von allen Seiten die armen sündhaften Menschen mit ihren Sünden, die bald unter dem Arm bald auf dem Rücken getragen, bald so gar zu Wagen hingeführt werden. Zur letzten Kategorie zählt sogar eine Nonne!! Unten ist dreisprachig, nämlich lateinisch, deutsch und kroatisch, ein Spruch eingetragen in Knittelversen, dessen Sinn ungefähr der ist: Mensch, gib acht, dort wird man nicht lügen dürfen sondern von allen Rechnung ablegen.

An dieses Gemälde wurde ich erinnert, als ich Ihre neueste Abwehr bekam und las. H. Schuchardt, "Gegen R. Meringer", Graz 1911 . Näheres über den Streit zwischen Schuchardt und Meringer siehe im Brief (06-12530) Vosslers an Schuchardt. Ich stellte mir vor wie Ihr liebenswürdiger Gegner das Material sammelt, um es ich weiß nicht ob in seinem Tagebuch oder auf dem Rücken von dem Erzengel Michael zu bringen und wie der Erzengel warnend seine Stimme erhebt: Gib‘ acht, da gelten nichts die Unwahrheiten!

Mir ist Ihre Abwehr nicht ganz verständlich, weil ich den Anfall Meringers nicht gelesen habe. Aber per associationem idearum, wie die alte Logik es sagte, dachte ich bei Ihrem M. auch auf mein M. Mit dem M. von Jagić ist Mathias Murko gemeint, mit dem sich Jagić sowohl fachlich als auch persönlich nicht gut verstand. und bewunderte des Schicksals Tücke, daß beide diese Hähne in einem Korb sitzen, d.h. in der philosoph. Facultät der Universität Graz und doch beide aus diesem Korb gern herausfliegen möchten in der Richtung – Wien. Ob es neben der Megalomanie noch andere Züge der Verwandtschaft zwischen diesen zwei Seelen gibt, das weiß ich nicht; ich habe auch keine Zeit, um mich dem Studium dieser Seelenverwandtschaft zu widmen. Ich bin nur Ihnen zum Dank verpflichtet dafür, daß Sie durch Ihre Abwehr mir die Sache erleichtert haben, denn ich könnte nur dazu schreiben: dasselbe nur etwas anderes gilt auch für das zweite M. Ich bin überzeugt, daß viele von den jenigen Herrn, die das zweite M. unlängst mit seiner psychopathischen Antwort gegen Vondrák Václav Vondrák (1859-1925),  tschech. Sprachwissenschaftler, Literarhistoriker, Slawist und Übersetzer; Kalliope (abgerufen am 28. 04. 2016) bedacht hat – mir hat er freilich nicht geschützt – sich beim Empfang Ihrer Abwehr gegen das erste M. gleich auch des zweiten M. erinnern werden. Und das ist mir eine große Genugtuung.

Ich wünsche Ihnen die gleiche geistige Frische, die aus diesen Zeilen hervorleuchtet, für noch eine Reihe anderer Antworten. Denn nach dem M. Nr. 2 zu urteilen, glaub ich nicht daß das M Nr. 1 sich schweigend verhalten wird.

Mit vielen herzlichen Grüssen Ihr g. erg. V. Jagić