Vatroslav Ignaz Jagič an Hugo Schuchardt (19-05026) Vatroslav Ignaz Jagič Claudia Mayr Helena Reimann Institut für Sprachwissenschaft, Karl-Franzens-Universität Graz Zentrum für Informationsmodellierung - Austrian Centre for Digital Humanities, Karl-Franzens-Universität Graz GAMS - Geisteswissenschaftliches Asset Management System Creative Commons BY-NC 4.0 2022 Graz o:hsa.letter.4779 19-05026 Hugo Schuchardt Archiv Herausgeber Bernhard Hurch Karl-Franzens-Universität Graz Österreich Steiermark Graz Karl-Franzens-Universität Graz Universitätsbibliothek Graz Abteilung für Sondersammlungen 05026 Vatroslav Ignaz Jagič Papier Brief 4 Seiten Wien 1886-11-07 Hugo Schuchardts wissenschaftlicher Nachlass (Bibliothek, Werkmanuskripte und wissenschaftliche Korrespondenz) kam nach seinem Tod 1927 laut Verfügung in seinem Testament als Geschenk an die UB Graz. Claudia Mayr Helena Reimann 2022 Die Korrespondenz zwischen Vatroslav Ignaz Jagič und Hugo Schuchardt Hugo Schuchardt Archiv Bernhard Hurch

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Hugo Schuchardt Archiv

Das Hugo Schuchardt Archiv widmet sich der Aufarbeitung des Gesamtwerks und des Nachlasses von Hugo Schuchardt (1842-1927). Die Onlinepräsentation stellt alle Schriften sowie eine umfangreiche Sekundärbibliografie zur Verfügung. Die Bearbeitung des Nachlasses legt besonderes Augenmerk auf die Erschließung der Korrespondenz, die zu großen Teilen bereits ediert vorliegt, und der Werkmanuskripte.

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Vatroslav Ignaz Jagič Wien 1886-11-07 Hugo Schuchardt Wien-Fluss 16.38409,48.2088 Korrespondenz Vatroslav Ignaz Jagič - Hugo Schuchardt Korrespondenz Universität Prag Wissenschaft Sprachwissenschaft Brief Deutsch
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Wien 7. 11. 1886 Hochverehrter Herr College!

Es trifft sich so, daß ich Ihnen auf die gestellte Frage mit der gewünschten Notiz dienen kann, um dadurch von neuem ein Recht zu erwerben, Sie um eine weitere Gefälligkeit zu bitten.

Ich notirte mir seinerzeit die Abhandlung Bonapartes in folgender Weise:

Transactions of the Philological Society 1880-1 G. III und darin: Bonaparte The Simple Sounds of all the Living Slavonic Languages compared with those of the Principal New-Latin and German-Scandinavian tongues. Heute (Sonntag) konnte ich die Notiz nicht verificieren, hoffentlich hab’ ich mich nicht geirrt, muß somit auch Ihrem Gedächtnis das beste Zeugnis ausstellen.

Nun zur Bitte. Herr Wladimir Stassoff ist von meiner Findigkeit und Ihrer Gefälligkeit ganz entzückt. Seit 1880 verlangte er zu wiederholten Malen von Prof. Karabacek vergebens das, was ich ihm durch Ihre freundliche Vermittlung so schnell verschaffen konnte. Ich hab‘ ihm Ihren Brief mitgetheilt und nun kommt er gerade heute mit der neuen Bitte, die ich natürlich Ihnen vorlegen muß. Er wünschte aus der besagten Handschrift zu den hier beigelegten Zeichnungen die Pagina, resp. fol. der Handschrift zu haben, wo sich die betreffenden Ornamente befinden. Wenn Sie in diesen Tagen die Gelegenheit finden im Johanneum zu sein, so würden Sie vielleicht die große Güte haben auch diese Gefälligkeit dem Stassoff zu erweisen. Er ist, ich wiederhole es, einer der bravsten Rußen die ich kenne und verdient nicht von dem etwas stark eingebildeten Herrn Karabacek in dieser Weise behandelt zu werden. Uebrigens ist Herr Karabacek nicht der einzige, dessen Benehmen mir hier mißfällt.

Prof. Ásbóth ging bereitwillig auf meinen Vorschlag ein alles polemische aus dem Aufsatz über Kračunъ auszulassen – es bleibt somit jetzt nur die Wiederholung des bisher bekannten, höchstens mit dem auch nicht neuen Zusatz daß das magyarische karácsony wohl aus dem slavischen sein wird. Ueber die Etymologie spricht er nichts, traut sich also auch Ihre Combination nicht mehr so resolut anzugreifen! Ich muß die Kleinigkeit abdrucken, nicht wegen der Sache, die durch seine Bemerkungen gar nicht gefördert wird, sondern der Person zu Lieb, es soll nicht heißen, daß ich ihn ausschließe etwa darum, weil er ein magyarischer Slavist ist. Sie wissen, daß ich, wenn es ginge, mit der ganzen Welt auf dem freundschaftlichen Fuß stehen möchte. So eben hab‘ ich einen Brief Dr. Jul. Grégrs Julius Grégr (1831 – 1896), böhmisch-tschechischer Politiker und Journalist, Gründer von “Národní listy”, eines der führenden Mitglieder der Jungtschechischen Partei. beantwortet, der glaubte, es sei ihm meinerseits im letzten Heft d. Archivs unrecht geschehen. Ich schrieb ihm, daß ich bedauere ihn auf einem Gebiete thetig zu sehen, welches er ganz ruhig den Männern vom Fach hätte überlassen können. Die KH. Die Königinhofer Handschrift (tschechisch Rukopis královédvorský), eine vermutlich von Václav Hanka hergestellte und veröffentlichte Fälschung einer mittelalterlichen Liedersammlung mit 14 Gedichten und Gedichtfragmenten epischer und lyrischer Form in alttschechischer Sprache, die angeblich aus dem 13. Jahrhundert stammte und 1817 von Hanka aufgefunden wurde. Relativ bald entstand der Streit um die Echtheit dieser Handschrift und war besonders in den 1860er und 1880er Jahren intensiv. Jan Gebauer, Jaroslav Goll und Tomáš Garrigue Masaryk arbeiteten mit sprachwissenschaftlichen Methoden daran zu beweisen, dass es sich tatsächlich um eine Fälschung handelt. ist als Denkmal des 14 Jahr. unrettbar verloren, aber als Denkmal des 19ten Jahrh bleibt sie beachtenswerth. Ich erklärte mich bereit den ganzen Schimpf & Spott auf mich zu laden, nur sollte er seine Landsleute, Gebauer Jan Gebauer (1838-1907), tschechischer Sprachwissenschaftler und Literaturhistoriker, Professor an der Karlsuniversität in Prag & Masaryk Tomáš Garrigue Masaryk (1850-1937), tschechischer Philosoph, Soziologe, Schriftsteller und Politiker, erster Staatspräsident der Tschechoslowakei., mit mehr Achtung behandeln. Wir wollen sehen, ob das nutzen wird. Ich hörte unlängst, man habe an das Ministerium die Zumuthung gestellt: Gebauer zu pensionieren, Masaryk zu entlassen!!

Ihre Schrift Sl. It. Sl. D. erinnert mich an ein Mißverständniß „Das ist Jovo sein Schmelz“ hatte ich nicht wegen „Jovo sein“ citirt, sondern der ganze Satz ist wortliche Übersetzung des kroatischen To je Jovino maslo. Der Spruch bedeutet: Das ist sein Anschlag, oder sein Witz. Dabei erinnere ich mich noch folgenden Mißverständnißes, durch wortliche Uebersetzung entstanden (vielleicht übrigens als Spott auf das Granzer-Deutsch): „Mein Bruder Jovo hat sich um die gesunde Maria eincanonirt“ d.h. Moj se je brat o zdravoj Marii utopio. Hier ist Zdrava Marija = Ave Maria, aber worthlich = gesunde Maria, und utopiti se wurde mit top = Kanone in Zusammenhang gebracht, während es = ertrinken gemeint war.

Solche Mißverständniße kommen wirklich vor, z.B. s prilikom wurde „mit dem Beispiel“ übersetzt, während es Fahrgelegenheit gemeint war.

Mit freundlichem Gruß Ihr ganz erg. V. Jagić