Ernst Tappolet an Hugo Schuchardt (02-11557)
von Ernst Tappolet
an Hugo Schuchardt
20. 11. 1906
Deutsch
Schlagwörter: 49. Versammlung deutscher Philologen und Schulmänner (Philologentag) zu Basel am 27. September 1907 Bulletin du Glossaire des patois de la Suisse romande
Zitiervorschlag: Ernst Tappolet an Hugo Schuchardt (02-11557). Basel, 20. 11. 1906. Hrsg. von Frank-Rutger Hausmann (2016). In: Bernhard Hurch (Hrsg.): Hugo Schuchardt Archiv. Online unter https://gams.uni-graz.at/o:hsa.letter.4706, abgerufen am 21. 09. 2023. Handle: hdl.handle.net/11471/518.10.1.4706.
49te Versammlung
Deutscher Philologen und Schulmänner
in Basel im Jahre 1907
Basel, den 20 Nov. 1906
Hochverehrter Herr College
Im Herbst 1907, vom 30. Sept. – 3. Okt. darf Basel die deutschen Philologen in seinen Mauern beherbergen.1 Der Ehre bewusst, die uns zuteil geworden, sind wir bemüht, durch Herstellung eines gediegenen Redeprogramms das zu ersetzen, was Basel an geographischer Anziehungskraft abgeht.
Als Obmann des romanistischen Sektors erlaube ich mir, mit der Bitte an Sie zu gelangen, Sie möchten uns mit einem Vortrag in einer der allgemeineren Sitzungen erfreuen. Sie sind einer jener weitblickenden Führer, die uns Jüngeren wertvolle Wertungen zu erteilen und neue Ziele |2| zu stecken haben. Dazu sind Philologentage bessere und wirksamere Gelegenheiten als Zeitschriften und Abhandlungen, wie anders zündet das gesprochene Wort als der tote BuchstabeI
Möchten Sie sich entschliessen können! Ich darf Sie versichern, dass Ihre Zusage allen Philologen eine Freude, der Romanistengemeinde ein Jubel wäre.
Ich brauche nicht beizufügen, dass Sie auch in der romanistischen Sektionssitzung als Redner herzlich willkommen sind.
Durch eine baldige Antwort, gern noch im November, würden Sie uns unsere Werbearbeit bedeutend erleichtern. Die Angabe des Themas hat Zeit bis Ende des Jahres.
Lassen Sie mich mit Zuversicht einer Zusage entgegen sehen.
Inzwischen entbietet Ihnen hochachtungsvollen Gruss
Ihr ganz ergebener
E. Tappolet
Augustinergasse 4
1 Vgl. die Festschrift zur 49. Versammlung deutscher Philologen und Schulmänner in Basel i. J. 1907, Basel 1907 bzw. Verhandlungen der 49. Versammlung deutscher Philologen und Schulmänner in Basel vom 24.-27. September 1907, Leipzig [u.a.] 1908; Schuchardt ist in keinem Band vertreten und hat vermutlich nicht an der Versammlung teilgenommen. Vgl. auch Heinrich Morf (HSA, Lfd.Nr. 12-07503). – Warum das Datum geändert wurde, ließ sich nicht ermitteln. – „In seinem Vortrag über die romanische Schweiz und die Mundartforschung geht Heinrich Morf auch auf das GPSR ein: ,Dann handelt er von den drei romanischen Idiotiken, die mit Unterstützung des Bundes und der Kantone für die französische, für die rätische und die italienische Schweiz in Arbeit sind und von denen das Unternehmen des ,Glossaire des patois de la Suisse romande‘ das älteste (seit 1899) und am weitesten fortgeschrittene ist. In einem Überblick über die achtjährige Sammelarbeit dieses Glossaire wird gezeigt, wie die drei Redaktoren Proff. Gauchat (Zürich), Jeanjaquet (Neuenburg), Tappolet (Basel) durch ihre 450 phonetischen Aufnahmen die breite und sichere lautliche und morphologische Grundlage gelegt haben; wie sie den Wortschatz durch ,Questionnaires‘ bei ihren getreuen Korrespondenten sammeln; wie die Redaktion selbst für regionale und Spezialwörtersammlungen sorgt; wie für die Sprachgeschichte die handschriftlichen und gedruckten Quellen ausgebeutet werden und wie das Eigennamenmaterial zusammenkommt. Das ,Bureau du Glossaire‘ birgt heute schon reichlich eine Million Zettel, die nun der Verarbeitung harren. Am Wege dieses Glossaire blüht die Vorarbeit zu einem ,Dictionnaire toponymique‘. Eine ,Bibliographie des Patois romands‘ ist im Druck und die Probelieferung eines ,Atlas linguistique‘ steht bevor, für den ein opferwilliger Verleger in der Person von Dr. U. Hoepli (Mailand) gefunden worden ist. Linguistische Monographien, z. B. über die Terminologie des Weinbaues und der Milchwirtschaft, wachsen aus der GJossairearbeit heraus. Ein jährlich viermal erscheinendes Bulletin bringt fesselnde Mitteilungen aus der Werkstatt dieses Glossaire, um während der Jahre des stillen Sammelns das Interesse für das Unternehmen wachzuhalten und gibt eine Ahnung von dem reichen Inhalt des zukünftigen Werkes, das im Spiegel der Sprache die ganze Kultur der Westschweiz zeigen und ein nationales Werk sein will“ (Verhandlungen, S. 81).