Hugo Schuchardt an Bogdan Petriceicu Hasdeu (75-1200)

von Hugo Schuchardt

an Bogdan Petriceicu Hasdeu

Graz

18. 01. 1884

language Deutsch

Schlagwörter: language Sanskritlanguage Provenzalischlanguage Deutsch

Zitiervorschlag: Hugo Schuchardt an Bogdan Petriceicu Hasdeu (75-1200). Graz, 18. 01. 1884. Hrsg. von Bruno Mazzoni (2016). In: Bernhard Hurch (Hrsg.): Hugo Schuchardt Archiv. Online unter https://gams.uni-graz.at/o:hsa.letter.4598, abgerufen am 09. 12. 2024. Handle: hdl.handle.net/11471/518.10.1.4598.


|1|

Graz, 18 Januar 1884.

Verehrter Freund und Kollege!

Ich danke Ihnen herzlichst — wie für Alles Frühere — auch für das letzte Heft der Columna. Ihr Artikel Fost’aĭ ce aĭ fostŭ ist von höchstem Interesse1. Ich habe mich auf Beispiele von Chiasmus in den übrigen Sprachen, die ich kenne, besonnen; es ist mir Nichts eingefallen. Haben Sie aber bemerkt wie ungemein beliebt der poetische Chiasmus (welcher ja natürlich ganz anders zu beurtheilen ist) bei den spanischen Dramatikern war? Gestatten Sie mir Ihnen ein paar Beispiele aus Calderon (ich habe sie selbst gesammelt) mitzutheilen:

que cobresnuevo valorI, 20c ed.
que nuevo espíritucobresHartzenbusch2
ni ignoradoseno el mar
ni senoignorado dejeI, 265c
la tierra
que no hé de ser nobleamanteI, 281c
con quien no es amantenoble
siempre á la cóleraexpuestosI, 464b
siempre expuestosá la saña
que ha sido acasoel sucesoI, 576c
y por sucesosacaso
tan maliciosassospechasI, 535b
tan sospechosasmalicias
Don Juan lo diráseñor,I, 542a
Señor, Don Juan lo dirá
que no somos damastodasIII, 554b
aunque todassomos damas

Es werden sich auch Fälle von Chiasmus finden, bei denen es sich nicht wie hier, um Wiederholung von Worten handelt, doch habe ich nicht darauf geachtet. Aber bemerken Sie noch wie bei Aufzählungen sogar innerhalb einer längeren Rede dasselbe System befolgt zu werden pflegt; z.B. gleich anfangs in La vida es sueño

                1

Nace el ave ...

                  2

Nace el bruto ...

                3

Nace el per...

                 4

Nace el arroyo...

                                                 4

Que Dios le ha dado á un cristal

            3               2                 1

A un per, á un bruto y á un ave.

Dies liegt weit ab von der Erscheinung die Sie besprechen; aber die letzte Ursache mag die gleiche sein.

Herr Fraţila ist ungemein fleissig3; G. Meyer4, bei dem er im Sanskrit zuweilen sich vernehmen lässt, rühmt ihn auch. Ich hoffe ihn bei den Uebungen im Provenzalischen besser kennen zu lernen, als mir das bisher im zwanglosen Gespräch möglich gewesen ist. Er kann sich noch nicht gut im Deutschen ausdrücken und ist vielleicht auch etwas schüchtern. Ich wünschte er machte irgend eine Arbeit in rumänischer Sprache, vielleicht über einen derselben entnommenen Gegenstand damit ich mir daraus eine bessere Vorstellung von seinen Fähigkeiten, Kenntnissen und Bedürfnissen bilden könnte. Seien Sie versichert dass ich ihn in jeder Weise fördern werde soweit ich es vermag.

Von ganzem Herzen

der Ihrige

H. Schuchardt.

Ich werde jetzt einmal auf den Chiasmus im Spanischen eigens Jagd machen und Ihnen mittheilen was ich noch finden sollte.


1 V. LXXIV e n. 1.

2 I versi calderoniani vengono citati dall’edizione delle Comedias, in 4 voll., curata da I. E. Hartzenbusch, Madrid 1848-1850 (quindi riprodotta nei voll. 7, 9, 12, 14 della "Biblioteca de autores españoles").

3 [A.] Frăţilă: v. LXXIII, n. 1.

4 G. Meyer: v. LI, n. 2.

Von diesem Korrespondenzstück ist derzeit keine digitale Reproduktion verfügbar.