Hermann Urtel an Hugo Schuchardt (60-12311)

von Hermann Urtel

an Hugo Schuchardt

Unbekannt

19. 08. 1925

language Deutsch

Schlagwörter: Urtel, Marianne Gotha Italien Urtel, Hermann (1926)

Zitiervorschlag: Hermann Urtel an Hugo Schuchardt (60-12311). Unbekannt, 19. 08. 1925. Hrsg. von Frank-Rutger Hausmann (2016). In: Bernhard Hurch (Hrsg.): Hugo Schuchardt Archiv. Online unter https://gams.uni-graz.at/o:hsa.letter.4559, abgerufen am 31. 05. 2023. Handle: hdl.handle.net/11471/518.10.1.4559.


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19 Aug. 25.

Lieber hochverehrter Freund!

Schon lange hab ich Ihrer gedacht und Ihnen schreiben wollen, aber ich bin nun wieder im doppelten Geschirr – Vorlesungsvorbereitungen u. Schule – vor allem wie geht es Ihnen? Tränt das Auge immer noch und haben Sie sonst Schwierigkeiten? Haben Sie jemanden, der Ihnen vorliest? Wie gerne käme ich herüber u. läse Ihnen vor und bespräche mit Ihnen, was Ihnen lieb ist! – Wir sind nun nach dreiwöchentlichem Aufenthalt in Bad Berka b. Weimar zurückgekehrt. Wir haben uns wirklich ganz ausgeruht u. ausgelüftet u. sind nur ungern aus der herrlichen Tannenluft in die Marschennebel zurückgekehrt. Aber hier ist der Beruf u. nicht im schönen Thüringer Lande. Im Vorbeifahren bei Gotha und Siebleben, wo Melchior Grimm und später Gustav Freytag Hof hielten, habe ich sehr Ihrer gedacht und meiner lieben Frau alles erklärt. Es waren überhaupt sehr schöne Tage auch in Weimar. Wir hatten unser kleinstes 6 Monats-Kind bei uns, Marianne war in Italien u. Lilly in Schweden, wir sind Berge gestiegen u. ich bin geschwommen im Waldsee. In der Sommerfrische habe ich auch Ihre neueste Arbeit mit herzlichem Danke erhalten. Ich werde über die letzten |2| drei Arbeiten referieren, aber nur Bericht erstatten. In Berka waren wir mit der Schwester des Turfangelehrten Alb. Le Coq1 zusammen. Ihn selbst werde ich nun endlich in Erlangen kennenlernen, wo ich über Flauberts Persönlichkeit beim Congress vortragen werde.2 Mein Maupassant ist nun fast ganz fertig gedruckt – endlich!3 – Flaubert Studien und Romantik beschäftigen mich. Bei Ste-Beuve entspringt eigentlich der ganze Strom der franz. Romantik! Immer wieder brauche ich Zeit für neue Studien, die ich abschliessen möchte. Wie gerne möchte ich mit Ihnen plaudern! Es sind jetzt schon 3 Jahre her (22 Aug.) daß ich bei Ihnen war. Darf ich Ihnen noch einige jener hübschen Bilder schicken, die ich immer wieder betrachte? Heute in Eile nur herzl. Grüsse in herzlichen Gedanken u. warme Wünsche für Ihr Wohlergehen!

Ihr
Hermann Urtel

Geben Sie mir bald durch Karte Nachricht wie es bei […] geht. Ich denke oft an Sie!


1 Albert von Le Coq (1860-1930), Archäologe, Forschungsreisender und Zentralasien-Kenner aus Berlin.

2 Veröffentlicht in den Verhandlungen der Versammlung deutscher Philologen und Schulmänner in Erlangen vom 29. September bis 2. Oktober, 55. Versammlung, 1923, 71f.

3 Guy de Maupassant. Studien zu seiner künstlerischen Persönlichkeit, München 1926.

Faksimiles: Universitätsbibliothek Graz Abteilung für Sondersammlungen, Creative commons CC BY-NC https://creativecommons.org/licenses/by-nc/4.0/ (Sig. 12311)