Hermann Urtel an Hugo Schuchardt (40-12291) Hermann Urtel Frank-Rutger Hausmann Institut für Sprachwissenschaft, Karl-Franzens-Universität Graz Zentrum für Informationsmodellierung - Austrian Centre for Digital Humanities, Karl-Franzens-Universität Graz GAMS - Geisteswissenschaftliches Asset Management System Creative Commons BY-NC 4.0 2022 Graz o:hsa.letter.4539 40-12291 Hugo Schuchardt Archiv Herausgeber Bernhard Hurch Karl-Franzens-Universität Graz Österreich Steiermark Graz Karl-Franzens-Universität Graz Universitätsbibliothek Graz Abteilung für Sondersammlungen 12291 Hermann Urtel Papier Brief 3 Seiten Hamburg 1919-07-16 Hugo Schuchardts wissenschaftlicher Nachlass (Bibliothek, Werkmanuskripte und wissenschaftliche Korrespondenz) kam nach seinem Tod 1927 laut Verfügung in seinem Testament als Geschenk an die UB Graz. Frank-Rutger Hausmann 2016 Die Korrespondenz zwischen Hermann Urtel und Hugo Schuchardt Hugo Schuchardt Archiv Bernhard Hurch

Die Datenmodellierung orientiert sich am DTA-Basisformat, ediarum und der CorrespDesc-SIG.

Das auf DTABf-Modellierungsschema wurde für die Zwecke des Projektes angepasst und befindet sich unter

Hugo Schuchardt Archiv

Das Hugo Schuchardt Archiv widmet sich der Aufarbeitung des Gesamtwerks und des Nachlasses von Hugo Schuchardt (1842-1927). Die Onlinepräsentation stellt alle Schriften sowie eine umfangreiche Sekundärbibliografie zur Verfügung. Die Bearbeitung des Nachlasses legt besonderes Augenmerk auf die Erschließung der Korrespondenz, die zu großen Teilen bereits ediert vorliegt, und der Werkmanuskripte.

Rollen-Taxonomie

Datumstaxonomie

Thesaurustaxonomie

Hermann Urtel Hamburg 1919-07-16 Hugo Schuchardt Germany Hamburg Hamburg 9.99302,53.55073 Korrespondenz Hermann Urtel - Hugo Schuchardt Korrespondenz Wissenschaft Sprachwissenschaft Brief Deutsch
Universitätsbibliothek Graz Abteilung für Sondersammlungen, Creative commons CC BY-NC https://creativecommons.org/licenses/by-nc/4.0/ Universitätsbibliothek Graz Abteilung für Sondersammlungen, Creative commons CC BY-NC https://creativecommons.org/licenses/by-nc/4.0/ Universitätsbibliothek Graz Abteilung für Sondersammlungen, Creative commons CC BY-NC https://creativecommons.org/licenses/by-nc/4.0/
Auf der Reise. 16. Juli 1919.(Hamburg 23 Eilbecktal 9.) Lieber Herr Professor!

Das ganze Frühjahr und der halbe Sommer ist dahin gegangen, ohne daß ich Ihnen ausführlich für Ihren inhaltsvollen Brief gedankt habe. Ich denke, Sie werden mir dieses lange Schweigen verzeihen, wenn Sie den Grund hören, der mich in diesem Halbjahr – einem der schwersten, die ich bisher durchgemacht – so ganz in mich selbst verschlagen hat, mich so zu sagen zu einem ,verschämten Armen‘ macht: meine Ehe ist in Concurs. –

Und das schlimmste ist, daß eigentlich gar kein äusserer Grund da ist, auseinanderzugehen; der Jurist schickt mich weg, es giebt keine Handhabe. Das einzige ist mangelnder innerer Zusammenhalt. Meine Frau wünschte wohl Freundschaft, geistigen Verkehr auch weiter – aber warum nur verheiratet sein? Misverstandene Freiheitsideen der Nordländerin, Überdruss u. Ekel vor den jetzt so dornenevollen Haushaltsnöten, Deutschlandsmüdigkeit, hier und da „Nora“-Stimmungen.Henrik Ibsens Theaterstück Nora oder Ein Puppenheim (1879) schildert die Emanzipation einer Frau, die Mann und Kinder verlässt. Meine Frau ist in Schweden, die Kinder hole ich mir aus dem Harz, wo sie in Pension waren. Ich selbst sitze seit Februar allein in Hamburg. Die Zukunft liegt im Dunkel. – Eins nur ist, was mich aufrecht erhält. Die wissenschaftliche Tätigkeit. Ich habe seit Ostern wieder grosses Entgegenkommen durch Schädel gehabt, alles frühere ist – scheints – begraben; ich bin zu Vorlesungen herangezogen u. habe im Sommersemester mein erstes Kolleg gelesen: ,Geschichte der roman. Philologie‘ ein sehr schönes, aber arbeitsforderndes Thema. Durch die Unruhen in Hbg ist unsere Universitätsarbeit sehr gestört worden, hoffentlich wird das besser im Winter; ich denke mich Anfang des W.Sem. zu habilitieren. – endlich! Freilich meine wiss. Arbeiten haben seitdem fast ganz geruht. Die Texte hoffe ich bald fördern zu können. –

17.7. Stolberg im Harz

Am Bergesabhang im Grünen.

Ich habe den Brief mitgenommen u. will nun, auf drei Tage in den Harz geflüchtet, fortfahren. Die Kinder spielen um mich im Sonnenschein u. freuen sich sehr, den Vater hier zu haben. Sonntag bin ich wieder in Hbg u. lese wieder. Die nächsten Vorlesungen werden mir viel Freude machen: W. v. Humboldt u. die Romania. – Goethe u. die Romanen. – Diez u. die Romantik. – Ascoli. – Hugo Schuchardts sprachwissenschaftliche Anschauungen. –  Dies Capitel hat mir bisher sehr viel Lektüre nötig gemacht – möchten Ihre Samenkörner auf entwicklungsfähige Kräfte fallen.

Hamburg. 25. Juli.

Indes sind die Tage schnell vergangen. Die Kinder sind hier, singen und toben durchs Haus, daß es eine Freude ist. Von meiner Frau, die ihren Pass verlängert hat, kaum eine Zeile. Freunde u. eine treffliche Hausdame helfen. Ich bin sehr herunter. – Anfang des Winter Sem. richte ich hier ein portugies. Proseminar ein, das hoffentlich besucht wird, ausserdem werde ich Übungen als Einführ. in die Mundarten Frankreichs abhalten.

Wie mag es Ihnen gehen? Ich hörte so gern wieder ein Wort von Ihnen. Morgen ist DelbrücksVgl. Anm. 3 zu Lfd. Nr. 07-12258. Geburtstag, dem ich alljährlich schreibe, dem ältesten Freunde unserer Familie. Was soll ich diesmal schreiben?

Heute nur noch herzliche Grüße Ihres getreuen Urtel.