Hermann Urtel an Hugo Schuchardt (14-12265)
von Hermann Urtel
an Hugo Schuchardt
24. 11. 1914
Deutsch
Zitiervorschlag: Hermann Urtel an Hugo Schuchardt (14-12265). Hamburg, 24. 11. 1914. Hrsg. von Frank-Rutger Hausmann (2016). In: Bernhard Hurch (Hrsg.): Hugo Schuchardt Archiv. Online unter https://gams.uni-graz.at/o:hsa.letter.4511, abgerufen am 31. 05. 2023. Handle: hdl.handle.net/11471/518.10.1.4511.
Lieber Herr Professor!
In diesen schweren Zeiten, wo wissenschaftliche Arbeit mit all der stillen Freude, die sie gewährt, vielfach zurücktreten muss vor den rauheren Forderungen des Tages, war uns Ihr schöner Weckruf1 besonders willkommen. Ich habe in einem der Andachtsstündlein, die wir abendlich halten, meiner Frau Ihre höchst anregende Schrift vorgelesen. Herzlichen Dank! Sie helfen mir zur Klarheit über Fragen, die uns alle bewegen. Wie vieles, was bisher vielleicht nicht immer als so dringend erkannt, wird nun hineingehämmert in Denken u. Fühlen. Mit ingrimmiger Freude habe ich vor allem den Zusammenbruch der Rassentheorie constatiert, die ich so hasse. – Ich warte noch immer auf Einberufung zum Landsturm und suche indes nach Kräften mitzuwirken in Kriegshilfe und fried- |2| lichem Aufklärungsdienst. Wie erfreut in diesen Zeiten ein Gruss aus dem verbündeten Östreich. „Von unsern beiden Kaisern“ sprach neulich ein Schulmädchen.
Herzlichste Wünsche für Ihr Wohlergehen und freundlichste Grüsse von
Ihren getreuen
Urtels.
1 „Ein wenig Philologie“, Wissen und Leben 9, 15. Nov. 1915, 153-161.