Hamburg Eilbecktal 5I. 7.
April.1912.
Hochverehrter Herr Professor!
Eben hatte ich die Anzeige Ihres mir so lehrreichen Aufsatzes im [Magy. Nyelv.](https://gams.uni-graz.at/o:hsa.subjects#S.3971) fertig gemachtVgl. Anm. 2 zu Lfd. Nr. [06-12257](https://gams.uni-graz.at/o:hsa.letter.4503)., als Sie mir mit der Zusendung Ihrer baskischen Parerga„
[
Nachschrift zu T. de Aranzadi De cosas y palabras vascas](https://gams.uni-graz.at/o:hsa.bibliography#BIBL.142)
“, Anthropos 7, 1912, 425-428. grosse Freude machten. Ich würde gern tiefer in dies interessante Gebiet hineinsteigen, bin aber fürs erste ganz von den Vorbereitungen für einen 3 monatlichen Urlaub in Portugal – den mir meine noble Behörde für den Sommer bewilligt hat – in Anspruch genommen. Ich hoffe da recht tüchtig im Sinne der ,cose e parole‘ arbeiten zu können, dort ist ja scheinbar noch so gut wie alles neu anzulegen. Von der reinen Linguistik zieht es mich zur Kulturgeschichte, zur Sachkunde, Folklore und Religionswissenschaft. Und ich weiss, dass ich auf solchem Wege sehr von Ihnen und Ihren Schriften beeinflusst worden bin, das erlauben Sie mir, Ihnen aus der Ferne auszusprechen.
Von dem früher im [Magy. Nyelv.](https://gams.uni-graz.at/o:hsa.subjects#S.3971) von Ihnen veröffentlichten AufsatzeNicht sicher, welcher Aufsatz gemeint ist. besitzen Sie wohl kein Exemplar mehr? Es ist ja oft so, daß der Verfasser daheim noch Abzüge besitzt, die unverwendet liegen, während ein anderer ihrer trotz mühseliger „Antiquariatsforschung“ nicht habhaft werden kann. Und solche Sonderabzüge sind ja immer Unica. – Wie oft bedaure ich immer wieder, daß ich soweit von Ihnen entfernt bin und auch nicht zu gelegentlichem Besuch eine Möglichkeit ist. Wie viel Mut zu neuer Arbeit könnte ich da schöpfen! Wenn ich denke, was mir allein durch die jahrlich einmal vergönnten Spaziergänge mit Delbrück
Berthold Delbrück (1842-1922), seit 1870 Prof. für Sprachwissenschaft und [Sanskrit](https://gams.uni-graz.at/o:hsa.languages#L.381) in
Jena. in den Bergen um Jena für Ausgangspunkte zu weiteren Studien gegeben wurden! Das sind so Gedanken, wie sie einem naheliegen, wenn ein Stück des umgebenden wissenschaftlichen Zusammenhanges reisst.
In der Hoffnung, daß Sie ein gutes Osterfest gefeiert haben, bin ich, hochverehrter Herr Professor, mit bestem Gruss Ihr
Hermann Urtel.