Hermann Urtel an Hugo Schuchardt (07-12258)

von Hermann Urtel

an Hugo Schuchardt

Hamburg

07. 04. 1912

language Deutsch

Schlagwörter: Magyar Nyelvörlanguage Sanskrit Delbrück, Berthold Jena Schuchardt, Hugo (1912)

Zitiervorschlag: Hermann Urtel an Hugo Schuchardt (07-12258). Hamburg, 07. 04. 1912. Hrsg. von Frank-Rutger Hausmann (2016). In: Bernhard Hurch (Hrsg.): Hugo Schuchardt Archiv. Online unter https://gams.uni-graz.at/o:hsa.letter.4504, abgerufen am 28. 03. 2024. Handle: hdl.handle.net/11471/518.10.1.4504.


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Hamburg Eilbecktal 5I. 7.
April.1912.

Hochverehrter Herr Professor!

Eben hatte ich die Anzeige Ihres mir so lehrreichen Aufsatzes im Magy. Nyelv. fertig gemacht1, als Sie mir mit der Zusendung Ihrer baskischen Parerga2 grosse Freude machten. Ich würde gern tiefer in dies interessante Gebiet hineinsteigen, bin aber fürs erste ganz von den Vorbereitungen für einen 3 monatlichen Urlaub in Portugal – den mir meine noble Behörde für den Sommer bewilligt hat – in Anspruch genommen. Ich hoffe da recht tüchtig im Sinne der ,cose e parole‘ arbeiten zu können, dort ist ja scheinbar noch so gut wie |2| alles neu anzulegen. Von der reinen Linguistik zieht es mich zur Kulturgeschichte, zur Sachkunde, Folklore und Religionswissenschaft. Und ich weiss, dass ich auf solchem Wege sehr von Ihnen und Ihren Schriften beeinflusst worden bin, das erlauben Sie mir, Ihnen aus der Ferne auszusprechen.

Von dem früher im Magy. Nyelv. von Ihnen veröffentlichten Aufsatze3 besitzen Sie wohl kein Exemplar mehr? Es ist ja oft so, daß der Verfasser daheim noch Abzüge besitzt, die unverwendet liegen, während ein anderer ihrer trotz mühseliger „Antiquariatsforschung“ nicht habhaft werden kann. Und solche |3| Sonderabzüge sind ja immer Unica. – Wie oft bedaure ich immer wieder, daß ich soweit von Ihnen entfernt bin und auch nicht zu gelegentlichem Besuch eine Möglichkeit ist. Wie viel Mut zu neuer Arbeit könnte ich da schöpfen! Wenn ich denke, was mir allein durch die jahrlich einmal vergönnten Spaziergänge mit Delbrück4 in den Bergen um Jena für Ausgangspunkte zu weiteren Studien gegeben wurden! Das sind so Gedanken, wie sie einem naheliegen, wenn ein Stück des umgebenden wissenschaftlichen Zusammenhanges reisst.

In der Hoffnung, daß Sie ein gutes Osterfest gefeiert haben, bin ich, hochverehrter Herr Professor, mit bestem Gruss Ihr
Hermann Urtel.


1 Vgl. Anm. 2 zu Lfd. Nr. 06-12257.

2 Nachschrift zu T. de Aranzadi De cosas y palabras vascas“, Anthropos 7, 1912, 425-428.

3 Nicht sicher, welcher Aufsatz gemeint ist.

4 Berthold Delbrück (1842-1922), seit 1870 Prof. für Sprachwissenschaft und Sanskrit in Jena.

Faksimiles: Universitätsbibliothek Graz Abteilung für Sondersammlungen, Creative commons CC BY-NC https://creativecommons.org/licenses/by-nc/4.0/ (Sig. 12258)