Richard Riegler an Hugo Schuchardt (08-09595)
von Richard Riegler
an Hugo Schuchardt
03. 02. 1912
Deutsch
Schlagwörter: Glückwünsche 70. Geburtstag Biographisches Universität Graz Graz
Zitiervorschlag: Richard Riegler an Hugo Schuchardt (08-09595). Klagenfurt, 03. 02. 1912. Hrsg. von Frank-Rutger Hausmann (2016). In: Bernhard Hurch (Hrsg.): Hugo Schuchardt Archiv. Online unter https://gams.uni-graz.at/o:hsa.letter.4343, abgerufen am 07. 10. 2024. Handle: hdl.handle.net/11471/518.10.1.4343.
Klagenfurt, am 3. Februar 1912.
Hochgeehrter Herr Hofrat!
Gestatten Sie, daß ich mich zu Ihrem morgigen Ehrentage1 auch einstelle, mit leeren Händen zwar, doch mit vollem Herzen, um Ihnen, verehrter Meister, meine ehrfurchtsvollsten Glückwünsche darzubringen. Mögen sie zugleich der Ausdruck tiefgefühlter Dankbarkeit sein für das unentwegte Wohlwollen, mit dem Sie mich beehren.
Wenn ich an meine Studienzeit zurückdenke, so muß ich die Stunden, in de- |2| nen ich Ihren Worten lauschen durfte, als Lichtpunkte bezeichnen, die meine sonst so wenig glückliche Studentenzeit erhellen. Heute noch sehe ich, so oft ich nach Graz komme und durch die Brandhofgasse gehe, mit einem Gefühl wehmutsvoller Ehrfurcht an dem Hause hinauf, wo ich unsicheren Schritts dem großen Meister in die Hallen der Wissenschaft folgte. Wie soll ich Ihnen, hochgeehrter Herr Hofrat, danken für all die Geduld und Nachsicht, die Sie während meiner ganzen Studienzeit mir gegenüber zeigten; wie soll ich Ihnen die liebevolle Teilnahme vergelten, mit der Sie meine bescheidenen literarischen Leistungen |3| begleiteten! Wie oft hab‘ ich Sie um Rat gebeten und niemals ließen Sie meine Bitte ungehört verhallen. Neben dem Gefühle aufrichtiger Dankbarkeit drängt es mich aber auch, meiner Freude darüber Ausdruck zu geben, daß sich Herr Hofrat Ihre Jugendlichkeit in so erstaunlichem Grad bewahrt, daß ich als achtunddreißigjähriger Mann Sie darum beneiden muß.
Ich kann mein Schreiben, das die Gefühle meines Herzens nur in unvollkommener Weise wiedergibt, nur mit dem Wunsche schließen, Herr Hofrat möge auch in den nächsten Dezennien nicht ermüden, die Welt der Wissenschaft mit den reichen Ga- |4| ben Ihres Geistes zu beglücken
Ihr dankbarer Schüler
Richard Riegler
1 Schuchardt konnte am 4.2.1912 seinen 70. Geburtstag feiern.