Adolf Horning an Hugo Schuchardt (03-04855)
von Adolf Horning
an Hugo Schuchardt
08. 05. 1910
Deutsch
Schlagwörter: Gesundheit Unterbrechung/Abbruch der Korrespondenz Zeitschrift für romanische Philologie Gröber, Gustav Curtius, Ernst Robert (1951)
Zitiervorschlag: Adolf Horning an Hugo Schuchardt (03-04855). Straßburg, 08. 05. 1910. Hrsg. von Frank-Rutger Hausmann (2016). In: Bernhard Hurch (Hrsg.): Hugo Schuchardt Archiv. Online unter https://gams.uni-graz.at/o:hsa.letter.4279, abgerufen am 02. 04. 2023. Handle: hdl.handle.net/11471/518.10.1.4279.
Straßburg, 8.5.10.
Verehrter Herr Hofrat,
Meinen vorgestrigen Bericht ergänze ich auf Grund einer Mitteilung eines Kollegen, der von Prof Gröber1 empfangen wurde. Gr. erzählte ihm, vor 6 Wochen sei er beim Heimgang aus der Stadt oben auf der Steintreppe oben vor dem Hauseingang2 rücklings hingestürzt, man habe ihn unten an der Treppe mit zerschmetterter rechter Schulter aufgehoben. Er kann den rechten Arm infolgedessen noch nicht recht gebrauchen u. ist am Schreiben verhindert. – Damit scheint sich das Gerücht von einem Schlaganfall u. einem Armbruch nicht zu bestätigen.3
Ergebenst
A. Horning
1 Gustav Gröber (1844-1911), nur zwei Jahre Jünger als Schuchardt, war ein nicht minder bedeutender Romanist als dieser und gab u.a. die ZrP heraus, in der Schuchardt regelmäßig publizierte. Beide standen von 1876-1910 in engem Kontakt (HSA, Bibl.Nr. 04000-04156).
2 Gröber wohnte im Straßburger Stadtteil Ruprechtsau, dem nördlichten Teil der Stadt (heute: Robertsau), Pfarrgasse 30.
3 Gröber war schon seit 1909 leidend, vgl. die Erinnerungen des Gröber-Schülers Ernst Robert Curtius: „Gröber war damals [=1910] schon schwer krank. Er hatte 1907 einen Schlaganfall erlitten, von dem er aber bald genas, so daß er seine Vorlesungen wieder aufnehmen konnte. Allein 1909 verschlimmerte sich sein Zustand, und er ließ sich emeritieren. Ich lasse einige Aufzeichnungen aus dem November 1909 folgen. ,Besuchte Gröber im Diakonissenhaus. Er saß am Fenster, seine Frau daneben, ihm vorlesend. Um den Kopf trug er eine Binde, die das kranke Auge bedeckte. Er schob sie weg, indem er mich fragte:, Wollen Sie es sehen? Sie haben gewiß noch nie so ein Auge gesehen‘. […] Gröbers Zustand verschlimmerte sich bald. Er starb am 6. November 1911 an Verkalkung“ („Gustav Gröber und die romanische Philologie“, ZrP 67, 951, 257f., hier zit. nach Curtius, Gesammelte Aufsätze zur romanischen Philologie, Bern-München 1960, 428-455, hier 449-450. Noch präzisere Angaben enthält ein Brief von Gröbers Frau Elisabeth vom 30.6.1910 an Philipp August Becker: „Bei uns geht es nicht gut, wie Sie schon durch Herrn Heitz gehört haben. Mein armer Mann hat vor 9 Wochen infolge seines Leidens, Verkalkung der Gehirnarterien, sich durch einen Sturz an der Hausstiege den rechten Oberarm verletzt, der ganz gut geheilt ist; wenn er ihn auch noch nicht ganz gebrauchen kann, vor allem am Greifen gehindert ist, so hat diese Verletzung keine Bedeutung mehr. Schlimmer ist es, daß als Folgekrankheit Zuckerabgang dazu gekommen ist, dessen man nicht Herr werden kann, trotz aller angewandten Sorgfalt. Weiter ist das noch übrige Auge (das rechte ist seit dem letzten Herbst ganz erblindet) seit einiger Zeit sehr schwach, so daß mein armer Mann selbst fürchtet, gänzlich zu erblinden. So ist er auf einmal aus aller Thätigkeit gerissen und verbringt seine Tage meist liegend zu, nicht im Bett, aber am Sopha oder im Garten, was bei den letzten herrlichen Wochen ein wahres Labsal für ihn war“ (Ursula Hillen, Wegbereiter der romanischen Philologie. Ph. A. Becker im Gespräch mit G. Gröber, J. Bédier und E.R. Curtius, Bonn 1993, Brief CXLVII, 380).