Max Krenkel an Hugo Schuchardt (01-05819)
von Max Krenkel
an Hugo Schuchardt
09. 07. 1881
Deutsch
Schlagwörter: Literarisches Centralblatt für Deutschland Universität Graz Universitäre Lehre Publikationsversand Korrespondenzbeilagen Nachdrucke, Neuauflagen Bitte um wissenschaftliche Meinung Publikationsvorhaben Italienische Dialekte Schuchardt, Hugo (1881)
Zitiervorschlag: Max Krenkel an Hugo Schuchardt (01-05819). Dresden, 09. 07. 1881. Hrsg. von Frank-Rutger Hausmann (2016). In: Bernhard Hurch (Hrsg.): Hugo Schuchardt Archiv. Online unter https://gams.uni-graz.at/o:hsa.letter.4269, abgerufen am 30. 09. 2023. Handle: hdl.handle.net/11471/518.10.1.4269.
Dresden, d. 9 Juli 1881.
Hochgeehrter Herr Professor!
Da ich aus dem in dem Literarischen Centralblatt veröffentlichten Verzeichnisse der für das Sommersemester 1881 angekündigten Vorlesungen der Universität Graz ersehen habe, daß Sie gegenwärtig Calderon behandeln, so erlaube ich mir, Ihnen ein Exemplar meiner kürzlich erschienenen Ausgabe der beiden berühmtesten Dramen dieses Dichters zu übersenden.1 Ich würde mich freuen, wenn Sie bei Ihren Vorlesungen und Studien von dem Buche dann und wann Gebrauch machen könnten, und Ihnen sehr dankbar sein, wenn Sie die Bemerkungen und Ausstellungen, zu denen Ihnen sowohl die |2| ganze Anlage meines Buches als auch Einzelnes in demselben Anlaß gibt, mir gütigst mittheilen wollten, damit ich dieselben für eine etwaige zweite Auflage und für den zweiten Band verwerthen kann.2 Letzterer soll wo möglich auch im Laufe dieses Jahres erscheinen und die beiden Stücke El mágico prodigioso und El alcalde de Zalamea enthalten.
Mit vorzüglicher Hochachtung verbleibe ich
Ihr
ergebenster
Dr. Max Krenkel
Dresden-Altstadt
Bergstr. 42.
1 Klassische Bühnendichtungen der Spanier. Calderon: Das Leben ist Traum. Der standhafte Prinz. Hrsg. u. erklärt von Max Krenkel, Leipzig 1881. Dieser Band hat eine wichtige Vorrede (S. III-X) und eine umsichtige Einleitung (S. 1-36). Es handelt sich bei seinem Buch nicht, wie man angesichts des deutschen Titels vermuten könnte, um eine Übersetzung, sondern um eine deutsch kommentierte Ausgabe. Dazu schreibt Krenkel: „Daher glaubte ich eine vielfach empfundene Lücke auszufüllen, wenn ich eine Anzahl klassischer Bühnendichtungen der Spanier deutschen Lesern durch eine derartige Bearbeitung näher zu bringen unternähme, wie sie den bedeutenderen griechischen und lateinischen Schriftstellern in den bekannten Weidmann’schen und Teubner’schen Schulausgaben, welche neuerdings auch für die Behandlung deutscher, französischer und englischer Klassiker als Muster zu dienen begonnen haben, schon längst zu theil geworden ist. Allerdings musste mich der Hinblick auf dieses Vorbild sofort zur Wahrnehmung eines nicht unwesentlichen Unterschiedes führen. Der Erklärer eines dem Bereiche der Gymnasialstudien angehörenden Schriftstellers ist nicht darüber im Zweifel, für wen er zunächst arbeitet, er weiss […] welches Mass von Sprachkenntnissen, geistiger Reife und allgemeiner Bildung er bei seinen Lesern voraussetzen darf. In dieser günstigen Lage ist der Bearbeiter eines spanischen Drama’s nicht, da er von der Mehrzahl derjenigen, in deren Hände sein Buch voraussichtlich kommt, weiter nichts verlangen kann, als dass sie in der Grammatik heimisch sind und vielleicht schon mit einigen klassischen Prosawerken (wie Cervantes‘ Don Quijote und Novelas ejemplares) Bekanntschaft gemacht haben. Jedenfalls ist er nicht befugt, an erster Stelle auf Leser zu rechnen, die im Besitze der Gymnasialbildung sind, da zur Zeit das Spanische weniger an Universitäten, als an grösseren polytechnischen Hochschulen und höheren Handelslehranstalten, überhaupt weniger aus wissenschaftlichen, als aus praktischen Gründen betrieben wird, wenn sich schon hiermit bei manchen der Lernenden die Nebenabsicht verbindet, sich auch in der klassischen Literatur der Spanier etwas umzusehen“ (IV-V). – Vgl. auch Krenkel, „ Caldérons Auto ,Das Leben ein Traum‘ “, Protestantische Monatshefte 4, 1900, 23-42 („Zur Erinnerung an den 300. Geburtstag des Dichters, 17. Januar 1600“).
2 Vgl. Schuchardt, „Neueste deutsche Calderon-Literatur I-III“, Beilage zur Allgemeinen Zeitung (Augsburg, München), 2817-2819, 2897-2899, 2906, 2922-2924, 3161-3163. Darin heißt es (Ausg. vom 12.7.1881, 2817-18) u.a.: „Das Werk Krenkels ist von allen deutschen Erzeugnissen, vielleicht von allen ausländischen überhaupt, welche der Calderons-Tag hervorgerufen hat, das einzige, welches den goldenen Ehrenpreis mit vollem Recht verdient hätte und gerade diesem bleibt er nach den getroffenen Bestimmungen versagt. Man hat sich in Deutschland und Österreich vielfach darüber gewundert, warum bloß Verse und nicht Prosa zum Wettstreit zugelassen worden sind“. Aus Anlass von Calderóns 200. Todestag am 25.5.1881 waren diverse Preise ausgelobt worden, vgl. Certamen literario celebrado en Zaragoza el 25 de mayo de 1881 para solemnizar el segundo centenario de Calderón de la Barca, Zaragoza 1881.