Hugo Schuchardt an José Leite de Vasconcelos (98-20890)

von Hugo Schuchardt

an José Leite de Vasconcelos

Graz

22. 10. 1911

language Deutsch

Schlagwörter: Empfangsbestätigung Dankschreiben Revista Lusitana: Archivo de Estudos Philologicos e Ethnologicos relativos a Portugal Biographisches Cornu, Julius Leite de Vasconcellos, José (1911) Schuchardt, Hugo (1911)

Zitiervorschlag: Hugo Schuchardt an José Leite de Vasconcelos (98-20890). Graz, 22. 10. 1911. Hrsg. von Ivo Castro und Enrique Rodrigues-Moura (2016). In: Bernhard Hurch (Hrsg.): Hugo Schuchardt Archiv. Online unter https://gams.uni-graz.at/o:hsa.letter.4213, abgerufen am 29. 11. 2023. Handle: hdl.handle.net/11471/518.10.1.4213.


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Graz, III, Villa Malwine
22. 10. 11

Lieber Freund,

Gestern erst habe ich Ihren schönen Band: Lições de ph. port. erhalten, für den ich Ihnen meinen herzlichsten Dank sage. Cornu brachte mir ihn; er ist erst vor wenigen Tagen von einem zweimonatlichen Aufenthalt in der Schweiz zurückgekehrt und hat die beiden Bände nicht sofort bei seiner Ankunft entdeckt.

Natürlich habe ich in diesen wenigen Stunden noch nicht Ihrem Buch ein eingehendes Studium widmen können; doch habe ich heißhungrig |2| mich darauf gestürzt und darin geblättert, was mir eine Vorstellung vor seinem ungemein reichhaltigen Inhalt verschafft hat.

S. 428 zimbre; könnte es nicht irgendwie mit franz. givre, kat. gebre verwandt sein? freilich müsste dabei Entlehnung in Spiel sein.

S. 333. portoga;lli kommt nicht vom ital. Plural; -i ist ja die gewöhnliche Vertretung von - ion und es wird auch portoga;llion geschrieben. Ich glaube nicht daß sich in der Aussprache portoka;lli ka;llon eingemischt hat; vielleicht wird auch nur so geschrieben die Ursache liegt darin daß im Neugriech. g spirantisch lautet (stimmhaftes c ) und g † mit gk ausgedrückt werden müßte (gkro;tta = grotta usw.), |3| was aber besonders im Innern des Wortes zu Mißverständnissen Anlaß geben könnte.

Wenn in (n)ontro S. 59 Anm. 1 Nachklang von n angenommen wird (vgl. das antro italienischer pistoj. venez. u. a. Mundarten) warum nicht in pelingrino S. 216? Vorklang? Bei dieser Gelegenheit erlaube ich mir Ihnen meinen kürzlich veröffentlichten Aufsatz «Zum Nasaleinschub» zu schicken.

Meine Studien auf baskischem Gebiete lassen mich öfters den Blick aufs Portugiesische richten, indem ich in dem zwischen liegenden Kastilisch, Asturisch, Galizisch die entsprechende Wortform nicht finde Z. B. gehört bask. tšibita «Dreschflegel», «Gerte» zu port. chibata, das sich auch im Andal. in der Bed. «Schäferstab» findet.

|4| In Bezug auf die Revista Lusitana bin ich im Rückstand; ich werde demnächst meine Jahresbeträge für 1909 ff. an die Livraria Classica editora schicken; wird sie mir auch Bd. XII und XIII liefern können? Ist der Preis 2$400 reis derselbe wie der frühere? a

Infolge meiner fortwährenden, während der «schönen» Jahreszeit sehr gesteigerten Nervenabspannung vernachlässige ich alle möglichen Dinge die mir am Herzen liegen, und bin überhaupt der größten Nachsicht bedürftig.

Mit herzlichem Gruß
Ihr ergebener
H. Schuchardt

a Mir fehlt das Titelblatt von Band XI; könnte ich das wohl noch erhalten?

Faksimiles: Die Publikation der vorliegenden Materialien im „Hugo Schuchardt Archiv” erfolgt mit freundlicher Genehmigung der Universidad de Lisboa. (Sig. 20890)