Hugo Schuchardt an Georges Lacombe (139-088)

von Hugo Schuchardt

an Georges Lacombe

Graz

16. 08. 1911

language Deutsch

Schlagwörter: Leizarraga, Joanes Urquijo Ybarra, Julio de Azkue y Aberasturi, Resurrección María de Schuchardt, Hugo (1911)

Zitiervorschlag: Hugo Schuchardt an Georges Lacombe (139-088). Graz, 16. 08. 1911. Hrsg. von Katrin Purgay (2017). In: Bernhard Hurch (Hrsg.): Hugo Schuchardt Archiv. Online unter https://gams.uni-graz.at/o:hsa.letter.4072, abgerufen am 26. 03. 2023. Handle: hdl.handle.net/11471/518.10.1.4072.


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Graz 16.8.11.

Sehr geehrter Herr und Freund !

Auf die Leiçarraga-fragen Ihres vorletzten Briefes Folgendes:

Den Druckfehler elkerri habe ich (XLVII) verzeichneit [sic]; den h erengana wie es scheint nicht, obwohl er mir bekannt vorkommt. ‒ Joh. 1,35 harenic scheint mir besser als harenetaric – Joh. 11,38 lecea cen hat mich seiner Zeit auch befremdet; ich weiß keine Erklärung dafür. ‒ Joh. 12,29 han cenac; auch Act.Ap. cen han. – Marc 2,3 Laurez; soviel ich sehe, steht der Aktivus (also laurec) immer nur beim Partizip, also laurek emanik, nicht beim Verbum finitum. – Marc 5,30. 5. 33. harenganic, hura baithan |2| sind nicht zu beanstanden: Die Grenzen zwischen Reflexiv- und gewöhnl. Pron. der 3.P. verschieben sich nach den Sprachen mehr oder weniger; der deutsche Gebrauch würde mit dem L.s übereinstimmen. – Marc 6,18 Eztuc sori. Ihre Bemerkung dazu ist richtig und sehr wichtig. Es ist offenbar eine Verschmelzung eingetreten zwischen dem du im gewöhnlichen Sinne und dem du im Sinne des Dativus ethicus. Dem ersteren zufolge steht dann euri, nicht hiri, und eztuc sori ist allerdings Synonym von etzaicsori (wie an den Parallelstellen Matth. 14,4. Joh. 5,10). Aber zugleich ist eztuc sori soviel wie ezta sori (duzend) und so haben wir es Joh. [1]8,31: eztuc sori guretzat. – Act. Ap. 16,1 seme. Vgl. Luc. 3,23 Joseph]en[ cen Heliren seme. Matth. 13,55 eztahaur charpenter-seme?1 – Doch, obowohl |3| ich noch Verschiedenes über die von Ihnen berührten Stellen zu sagen hätte; ich muß abbrechen. Meine Kräfte sind sehr schwach. Ich bin infolge der meteorologischen Erscheinungen schon seit lange [sic] sehr abgespannt. Nichts destoweniger schicke ich eben an de Urquijo einen Aufsatz: „Zu Oihenarts Sprichwörtern“. Darin spreche ich unter anderem von 336. Nihaur ninsan guelari ene uskiari basequion nabari « J’estois moy-mesme la clauiere, et il paroist bien à mon derrière. » (ebenso übersetzt Azkue). Wie kann ene uzkiari diesen Sinn haben: „an meinem Hintern“ (erkannte man es). Müßte das nicht sein: ene uzkitik? Ich nehme es in dem Sinne: „meinem H. wurde es wahrnehmbar“, „mein H. merkte es“ oder ä. (mon derrière |4| s’en ressentit). Es würde also der Dativus mit dem Aktivus gleichbedeutend sein (= ene uzkiak nabari zezan), was ja bei Empfindungsverben in vielen Sprachen vorkommt. Können Sie mir etwas zu gunsten oder zu ungunsten dieser meiner Auffassung mitteilen?

Mit herzl. Gruß

Ihr

H.Sch.


1 En el original: charpanter-seme.

Faksimiles: Die Publikation der vorliegenden Materialien im „Hugo Schuchardt Archiv” erfolgt mit freundlicher Genehmigung des Fondo Lacombe (Euskaltzaindia). (Sig. 088)