Adolf Tobler an Hugo Schuchardt (17-11722)
von Adolf Tobler
an Hugo Schuchardt
18. 04. 1900
Deutsch
Schlagwörter: Etymologie Romanische Sprachen Provenzalisch Raynouard, François-Just-Marie Appel, Carl Meyer-Lübke, Wilhelm Hofmann, Konrad
Zitiervorschlag: Adolf Tobler an Hugo Schuchardt (17-11722). Berlin, 18. 04. 1900. Hrsg. von Frank-Rutger Hausmann (2016). In: Bernhard Hurch (Hrsg.): Hugo Schuchardt Archiv. Online unter https://gams.uni-graz.at/o:hsa.letter.4052, abgerufen am 18. 09. 2024. Handle: hdl.handle.net/11471/518.10.1.4052.
Verehrter Freund,
warum Rayn.vezoig mit bêche übersetzt hat1, vermag ich nicht zu erkennen. Appel thut dasselbe und hat es doch wohl von mir richtig gehört.2 Da die Identität mit verge, nfr. vouge durch Meyer-Lübke (Zts. X 173) sicher gestellt ist3, übersetze ich seit 1887 mit Hippe. Allerdings könnten die Glossen, die δικέλλα mit viduvium gleichsetzen, wieder irre machen und auf „Karst“ führen. Was Hofman, Rom. Forsch. II 360 über das Wort sagt4, ist, soweit es etymologisch, natürlich unhaltbar.
Mit freundschaftl. Gruße
Tobler
1 Raynouard, Lexique roman V, 1839, 539. Der Anlass für diese Karte ist nicht ersichtlich.
2 Carl Appel (1857-1934), ab WS 1891/92 Romanist in Breslau, hatte 1882 bei Tobler in Berlin promoviert.
3 Nr. 11: „Das Wort ist von allen Etymologen übergangen. Den Weg weist prov.vezoig Bartsch Chr.4 52,31= lat. viduvium, in griech. lat. Glossaren δικέλλα übersetzend“.
4 Konrad Hofmann, „ Miscellen “, RF 2, 1886, 355-362, hier 360-361; Hofmann geht davon aus, dass in dem Wort vouge vier Bedeutungen zusammenfallen: lat./ital. vanga (1. Spaten; 2. Spieß) und valga (1. Gekrümmte Hippe; 2. Einschneidiges Speereisen, gekrümmt nach innen).